Page 21 - Riehl-Intern_2018-2
P. 21

Riehler Historie Riehl Intern | 21

Fotos: Stadtkonservator/in, Sozialbetriebe Köln (SBK), Archiv Irene Franken

                                                stigere SeniorInenn und einem
                                                Versorgungsheim für Menschen,
                                                die zwar nicht für sich selbst sor-
                                                gen konnten, aber auch nicht pfle-
                                                gebedürftig waren und in Werk-
                                                stätten nach ihren Möglichkeiten
                                                mithalfen. Mit dem Pflegeheim
                                                löste Kraus die menschenunwür-
                                                digen Siechenheime ab und sorgte
                                                für eine adäquate Pflege. Anstöße
                                                für ihr Konzept hatte sie sich bei
                                                Studienreise in die USA geholt. Die
                                                Riehler Heimstätten entwickelten
                                                sich bis 1933 zu einer Vorzeige-
                                                einrichtung in Europa.

Ideen zur Reorganisation der kommunalen                      Zehn Jahre wirkte Kraus erfolg-
Fürsorge und Wohlfahrtspflege aufmerksam                     reich in Köln bis die Nationalsozi-
geworden und machte sie 1923 zur Leiterin                    alisten sie aufgrund ihrer jüdischen
des neu gegründeten Wohlfahrtsamtes in                       Herkunft 1933 entließen. Mit ihrer
Köln. Mit 26 Jahren war sie die jüngste Inha-                20 Jahre älteren Lebenspartnerin
berin einer solch verantwortungsvollen Posi-                 Gertrud Schulz übersiedelte Kraus
tion in einer Stadtverwaltung Deutschlands.                  in die USA und konnte, wie nur
Kraus war zu ihrer Zeit eine emanzipierte,                   wenige Emigrantinnen, nahtlos
selbständige Frau, die die Professionalisie-    an ihre berufliche Laufbahn anknüpfen. Sie
rung der Sozialen Arbeit prägte und ihre Ideen  lehrte unter anderem in Pittsburgh und am
ganz praktisch bei der Gründung der Riehler     Bryan Mawr College in Philadelphia, der be-
Heimstätten umsetzte. Im Blick hatte sie dabei  deutendsten Ausbildungsstätte für Sozialar-
einerseits das Gemeinwesen und andererseits     beit in den USA, kümmerte sich aber auch
die individuellen Bedürfnisse der Menschen.     um die Eingliederung von Vertriebenen aus
Für die Riehler Heimstätten schuf sie ein Kon-  Europa. Nach dem
zept der dreigliedrigen Einrichtung mit einem   Krieg knüpfte Kraus
Wohnstift mit kleinen Appartements für rü-      ein neues Band zwi-
                                                schen Deutschland
                                                und den USA und
                                                war neben ihrem
                                                humanitären Enga-
                                                gement eine bedeu-
                                                tende Wegbereiterin
                                                der Sozialen Arbeit
                                                beider Länder. mac
   16   17   18   19   20   21   22   23   24   25   26