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24 ... aus der Geschichte von Nippes

Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus

Das „Archiv für Stadtteilgeschichte“ veröffentlichte 1997 das Buch „…de Fahn erus!

Köln-Nippes im Nationalsozialismus“. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem

damaligen Leiter des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln Prof. Dr. Horst

Mazerath führten unsere Recherchen unter anderem in das Nordrhein-Westfä-

lische Hauptstaatsarchiv Düsseldorf. In den Akten stießen wir auf die Namen Sa-

farowsky und Reiff.                        Fotos: Archiv für Stadtteilgeschichte

Rudolf Safarowsky, 1903 geboren, und       noch wegen Hochverrats, und zu einer         Zum Gedenken an Rudolf und Rosa Sa-
seine spätere Ehefrau Rosa Reiff, 1914     Zuchthausstrafe verurteilt. Nach ihrer       farowsky verlegte der Künstler Gunter
geboren, waren als Mitglieder der KPD      Entlassung heiratete sie 1936 Rudolf Sa-     Demnig Anfang der 1990er Jahre vor
kommunal, regional und international       farowsky. 1937 wurde ihr gemeinsamer         dem Haus Thüringer Straße 3 zwei Stol-
                                                                                        persteine. Diese kleinen Gedenktafeln
tätig. Rudolf Safarowsky war von 1929                   Sohn Rudolf geboren. Die Fa-    sollen an das Schicksal der Menschen
bis 1932 Kölner Stadtverordneter für die                milie wohnte in Nippes in der   erinnern, die während der Zeit der na-
KPD und über Nippes hinaus bekannt.                     Thüringer Straße 3. Aufgrund    tionalsozialistischen Gewaltherrschaft
Rosa Reiff engagierte sich in der KPD-                  seiner Bekanntheit musste       (1933-1945) verfolgt, deportiert und er-
nahen „Revolutionären Gewerkschafts-                    Rudolf Safarowsky 1933 im       mordet wurden.
organisation“ (RGO) und leitete dort die                Untergrund leben, wurde aber
Hausfrauengruppe. Sie verfasste und ver-                schon bald von der Gestapo      Wir, die Mitglieder des „Archiv für Stadt-
teilte Flugblätter und dolmetschte unter                verhaftet. Es folgten mehre-    teilgeschichte“, halten eine Benennung
anderem auf dem „Antifaschistischen                     re Haftzeiten in unterschied-   einer Straße in Nippes nach Opfern des
Arbeiterkongress“ im April 1933 in Paris.               lichen Gefängnissen, schließ-   Nationalsozialismus 71 Jahre nach dem
Im Jahr 1932 lernte sie ihren späteren                  lich wurde er ins KZ Esterwege  Ende des „Dritten Reiches“ für geboten,
Ehemann kennen. Gemeinsam leisteten                     deportiert, von wo er 1936      um in unserem Stadtteil beziehungswei-
                                                        als kranker Mann entlassen      se Stadtbezirk die Erinnerung an das Leid
Thüringer Straße 3 (gelbes Haus)                        wurde. 1939 wurde er erneut     und die Verfolgung von Gegnern des NS-
                                                        verhaftet und ins KZ Orani-     Regimes wach zu halten. Wir schlagen
sie aktiven Widerstand gegen die immer     enburg eingeliefert. 1941 wieder entlas-     vor, die Verbindungsstraße von der Mau-
mächtiger werdenden Nationalsozia-         sen, lebte er von da an in der Illegalität.
listen. Rosa Reiff wurde 1933 angeklagt    Regelmäßig traf sich Rosa heimlich mit       enheimer Straße zur Tauentzienstraße
wegen Landfriedensbruchs, später           ihrem Mann. So auch am 17. März 1943         durch das „Nippeser Tälchen“ nach dem
                                           in einem Haus in der Straße „Vor den Sie-    Ehepaar Safarowsky zu benennen. Eine
                                           benburgen“. Als die beiden aus dem Haus      mögliche Straßenbezeichnung könnte
                                           herauskommen, wird Rudolf vor den Au-        Safarowskyweg oder Safarowskystra-
                                           gen seiner Frau von zwei Gestapo-Leuten      ße heißen. Der Sohn der Eheleute Safa-
                                           auf offener Straße erschossen. Nach der      rowsky würde sich sehr freuen, wenn
                                           Ermordung ihres Ehemannes wird Rosa          seinen Eltern in Nippes ein Denkmal in
                                           als Zeugin der Mordtat wieder verhaftet      dieser Form gesetzt würde. Wir haben
                                           und ins KZ Ravensbrück, später ins KZ        die Bezirksvertretung Nippes gebeten,
                                           Sachsenhausen deportiert. Dort kommt         unseren Wunsch gegenüber der Verwal-
                                           sie bei einem Fliegerangriff am 12. März     tung der Stadt Köln zu unterstützen.
                                           1945, zwei Monate vor Kriegsende, ums
                                           Leben.                                       Kathi Bücken
                                                                                        www.archiv-koeln-nippes.de
                                           Verwandte nehmen sich des verwaisten
                                           Jungen an. Nach einem langen Kampf             Quellen:
                                           wird am 23.Oktober 1956 das Urteil in den      Archiv für Stadtteilgeschichte Köln-Nippes e.V. (Hrsg.):
                                           Strafsachen gegen seine Mutter und am          …De Fahn erus! Köln-Nippes im Nationalsozialismus,
                                           15. Mai 1958 gegen seinen Vater aufgeho-       Köln 1997, S. 103-110
                                           ben, weil „die Taten… aus Gegnerschaft
                                           zum Nationalsozialismus begangen
                                           worden sind.“ Rudolf Safarowsky junior
                                           erhält für den Verlust seiner Eltern eine
                                           kleine Entschädigung. Für das Leid, das
                                           die Nationalsozialisten ihm antaten, „…
                                           ich hatte nichts, keine Eltern, keine Ge-
                                           schwister. Ich dachte, der Staat wäre es
                                           mir schuldig gewesen“, wird er nicht ent-
                                           schädigt.
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