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... aus der Geschichte von Nippes             17

Das Eisenbahnausbesserungswerk - Teil 1

Gründung und erster Aufbau

Durch kein Unternehmen und keinen Betrieb ist Nippes im 19. und 20. Jahrhundert                fernt, dass die neue Fabrik zunächst gar
so gründlich geprägt worden wie durch das Eisenbahn-Ausbesserungswerk (EAW).                   nicht als zu Nippes gehörig empfunden
Zwar sind die Gleise und Fabrikanlagen mittlerweile weitgehend verschwunden,                   wurde. Um das Werk herum entstand
auf dem Gelände ist ein ganz neuer Ortsteil entstanden. Bei dessen Entwicklung                 eine neue Ansiedlung – teils planvoll, teils
wirken sich die Hinterlassenschaften der Werksanlagen allerdings immer noch er-                durch „Wildwuchs“, die bald den Namen
kennbar aus. Deshalb soll hier die Geschichte des Eisenbahn-Ausbesserungswerks                 „Sechzig“ erhielt.
seit der Gründung in Fortsetzungen erzählt werden.
                                                                                               Oft wird als Erklärung für diesen Namen
Bekanntlich wurden in Deutschland – wie schloss, eine neue „Zentralwerkstätte“                 erzählt, dass der Vorstand der „Rhei-
                                                                                               nischen Eisenbahngesellschaft“ im Jah-
in anderen Ländern auch – zunächst nur zu errichten. Ein bis dahin unbebautes                  re 1860 dem damaligen Besitzer des
                                                                                               „Nippes-Hofs“ genau sechzig Morgen
einzelne Eisenbahnstrecken gebaut. Erst Gelände seitlich der Neusser Straße                    Land abgekauft haben soll, um darauf
                                                                                               die „Zentralwerkstätte“ zu errichten.
später wurde daraus ein Netz. Köln wurde bot sich aus verschiedenen Gründen                    Das ist vielleicht eine Legende – trotz
                                                                                               intensiver Nachforschungen konnte ein
schon bald ein Eisenbahn-Knotenpunkt an: dort existierte bereits ein Bahnan-                   entsprechender Kaufvertrag in den Ar-
                                                                                               chiven der Bahngesellschaft nicht gefun-
                                                     schluss an die nahe gelegene              den werden. Einiges spricht dafür, dass
                                                                                               es vor dem allgemeinen Lehmabbau in
                                                     Eisenbahnstrecke Köln-Neuss,              dieser Gegend eine Hügelkette gab, die
                                                                                               „Sechzig“ genannt wurde. Der Name des
                                                     deren Bahntrasse entlang der              Sechzig-Viertels und der heutigen Sech-

                                                     heutigen Kempener Straße

                                                     verlief. Das Gelände vor den

                                                     Toren der Stadt Köln war bil-

                                                     lig zu haben, und der Lehm-

                                                     boden des Areals eignete sich

                                                     gut zur Herstellung von Zie-

                                                     geln, so dass das Baumaterial

                                                     nicht von weither transpor-

                                                     tiert werden musste. Damals

                                                     gab es mehrere Ziegeleien in

Geleise und Bahnsteig im Eisenbahnausbesserungswerk  Nippes.

(Foto: Matthias Liese)                               Die „Rheinische Eisenbahnge-

mit mehreren Kopfbahnhöfen, weil drei sellschaft“ kaufte das große Stück Land

wichtige Eisenbahngesellschaften ab und baute verschiedene Werksgebäude

1835 von Köln aus ihre Strecken bauten: und auch Wohnhäuser für Maschinen-                     Sechzigstraße: Wohnhäuser für die Arbeiter- und

Schon 1835 war die „Rheinische Eisen- und Werkmeister, später auch Woh-                        Werkmeister  (Foto: Matthias Liese)

bahngesellschaft“ entstanden, die zu- nungen für Arbeiter. Der so entstandene

nächst die Strecke Köln – Aachen baute. Betrieb führte zunächst den Namen                      zigstraße könnte von dieser Flurbezeich-
                                                                                               nung stammen. Aber die gern erzählte
Etwas später bildete sich neben weiteren „Zentralwerkstätte bei Köln“. Das damals              Geschichte vom Kauf der sechzig Morgen
                                                                                               ist natürlich viel griffiger. Wie auch im-
Gesellschaften auch die „Cöln-Krefelder noch sehr kleine und ländliche Dorf Nip-               mer, das Sechzig-Viertel hatte lange Zeit
                                                                                               einen ganz eigenen Charakter, der es vom
Eisenbahn“, die eine Eisenbahnstrecke pes lag so weit vom Werksgelände ent-                    übrigen Nippes deutlich unterschied. Et-
                                                                                               was davon ist auch heute noch zu spüren.
zunächst nach Neuss und später bis

Krefeld erstellte. Ihre Betriebs- und In-

standsetzungs-Werkstätten errichteten

die Eisenbahngesellschaften meist direkt

neben ihrer Schienenstrecke, nicht selten

in der Nähe eines ihrer Kopfbahnhöfe.                                                          …indernächsten Ausgabe geht es weiter!

So hatte auch die „Cöln-Krefelder Eisen-

bahn“ eine ziemlich kleine Werkstatt im                                                        Winfried Schumacher - Archiv für Stadt-
                                                                                               teilgeschichte Köln-Nippes e.V., Mau-
Bereich ihres südlichen Kopfbahnhofs                                                           enheimer Straße 92, 50733 Köln, E-Mail:
                                                                                               info@archiv-koeln-nippes.de,
„Am Thürmchen“, in der Nähe der heu-                                                           www.archiv-koeln-nippes.de

tigen Bastei, nördlich der Straße, die heu-

te „Thürmchenswall“ heißt.

Als 1860 die „Cöln-Krefelder Eisenbahn“      Eisenbahnausbesserungswerk: Kraftzentrale mit     Quelle:
von der „Rheinischen Eisenbahngesell-        Wasserturm, erbaut 1862 (Foto: Archiv für Stadt-  Walter Schulz, Vom Motor der Industrialisierung zum
schaft“ aufgekauft wurde, reichte die        teilgeschichte Köln-Nippes e.V.)                  „Alten Eisen“. Die Eisenbahnwerkstätte Köln-Nippes:
Kapazität dieser Werkstatt nicht mehr                                                          in: Stadtteilarchiv Köln-Nippes e.V. (Hrsg.); Loß mer jet
aus. Die Eisenbahngesellschaft be-                                                             durch Neppes jon. Ein Streifzug durch die Geschichte;
                                                                                               Köln 1987, S. 72-84. Bestände des „Archivs für Stadtteil-
                                                                                               geschichte Köln-Nippes e.V.“
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