Page 28 - nippes-magazin_2018-2
P. 28
28 Schaufenster Longerich
Ein selbstbestimmtes Leben ist keine Selbstverständlichkeit
Beratungsstelle Hennamond kämpft gegen Unterdrückung, Gewalt und Diskriminierung
Direkt an der Straßenbahnhaltestelle Herforder Straße liegt die Beratungsstelle nerin bei Polizei, Jugendämtern und The-
Hennamond. Das kleine Team mit drei hauptamtlichen und vier ehrenamtlichen Be- rapeuten gefragt. „Schließlich wurde diese
raterinnen und Beratern unter der Leitung von Sonja Fatma Bläser ist Ansprechpart- Arbeit, neben meiner eigentlichen Arbeit
ner für Menschen, die von Zwangsheirat bedroht oder betroffen sind, von familiärer in der Zahnarztpraxis meines Mannes,
Gewalt, Gewalt im Namen der Ehre oder sexualisierter Gewalt. Foto: Biber Happe immer mehr, so dass die Vereinsgründung
mit der Beratungsstelle eine echte Erleich-
heirat bedroht waren oder aus terung war“, sagt Bläser. Mittlerweile war
dieser Ehe ausbrechen wollten. auch die Stadt Köln auf ihr Engagement
„Ich bin 1985/86 mit meinen aufmerksam geworden und fördert Hen-
Erfahrungen an die Öffentlich- namond finanziell. „Dafür bin ich der Stadt,
keit gegangen, habe 1999 das den Politikern, aber auch dem Landtagsab-
Buch Hennamond veröffent- geordneten Andreas Kossiski dankbar. Das
licht. Denn es war mir ein An- bedeutet eine solide Basis für uns,“ so Blä-
liegen, für ein selbstbestimm- ser. Denn die Arbeit wird nicht weniger. Die
tes Leben für alle Menschen Zahl der Zwangsverheiratungen nimmt
einzutreten, unabhängig von wieder zu, weil die Familien Angst haben,
Geschlecht, Hautfarbe, kultu- dass Traditionen und Normen verloren ge-
reller Herkunft, sexueller Ori- hen. Das befördert Kontrolle, Bewachung
entierung oder Religionszuge- und Gewalt gegenüber jungen Frauen und
hörigkeit.“ auch Männern. „Aber Integration kann nur
gelingen, wenn ein tolerantes und respekt-
Sonja Fatma Bläser (54) weiß, wo von sie Als türkische Kurdin hat Bläser, die in volles multikulturelles Zusammenleben
spricht. Die Leiterin der Beratungsstelle Ostanatolien aufgewachsen ist, in ihrem die demokratischen Werte der Bundesre-
Hennamond wurde als 19-Jährige in den Leben die europäische und die islamische publik berücksichtigt“, meint Bläser. mac
Ferien in der Türkei zwangsverheiratet Seite erfahren und war als Ansprechpart- www.hennamond.de
und verließ drei Jahre später ihre Familie,
die im Bergischen Land lebte, um den
Mann ihrer Wahl zu heiraten. Für diese
selbstbestimmte Entscheidung erhielt sie
Morddrohungen. Schließlich hatte sie die
Ehre ihrer Familien beschmutzt. „Ich habe Eine Einrichtung der Stiftung der Cellitinnen e.V.
einfach nicht den Mund gehalten, habe
mich nicht gefügt, sondern die Dinge
hinterfragt, auch die Religion, die Frauen
unterdrückt“, erklärt Bläser, für die Hen-
namond zur Lebensaufgabe geworden ist.
2006 gründete sie zusammen mit Freun-
den den gemeinnützigen Verein, der seit
2011 seine Räume in Longerich hat. „Seit
2014 haben wir endlich mehr Platz für un-
sere Beratung, aber nur drei Räume. Die
Aufteilung ist noch nicht optimal.“ Zwi-
schen 200 und 300 Betroffene und auch
deren Familien wenden sich pro Jahr an
die Beratungsstelle, die von der Stadt Köln „Wir sind da, wenn Sie uns brauchen“
finanziert wird und darüber hinaus Geld
Kurzzeitpflege am St. Agatha Krankenhaus Köln-Niehl
aus Stiftungen oder der Aktion Mensch für • Qualifizierte Pflege und Betreuung (Bestnote „Sehr gut“)
ihre Projekte nutzt. Aktuellstes Projekt ist
„Champs“, das eine demokratische Gesell-
schaft ohne Gewaltanwendungen fördern • Helle und freundliche Komfort-Gästezimmer (20 Einbettzimmer)
und die Radikalisierung von jungen Men-
schen verhindern möchte. • Großer Gemeinschaftsraum mit schöner Terrasse
Ihre Fragen beantwortet: Einrichtungsleiterin Marion Schmitt
Bis zur Gründung des Vereins hatte Bläser Feldgärtenstr. 97 • 50735 Köln
bereits 20 Jahre lang junge Männer und Tel.: 0221 / 7175-3501 • Fax: 0221 / 7175-3509
junge Frauen beraten, die von Zwangs- EMail: kurzzeitpflege@st-agatha-krankenhaus.de
www.st-agatha-krankenhaus.de

