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8 Wohnen
Anders wohnen im Clouth-Quartier
Acht Baugruppen verwirklichen Konzepte eines gemeinsamen Zusammenlebens
Sie heißen Herzclouth, Achtbar oder Kwartier 733. Ende Mai haben acht Baugrup-
pen die Zusage erhalten, Grundstücke zwischen 600 und 1000 Quadratmeter auf
dem Gelände der ehemaligen Clouth-Werke mit ihrer Wunschimmobilie zu be-
bauen. Die Redaktion begleitet in den nächsten Monaten die „Wunschnachbarn“
auf ihrem Weg ins eigene Heim. Fotos: Ralf Bauer, Biber Happe, Wunschnachbarn
Sechzehn Erwachsene, sieben Kinder, ein abgeschlossenen Bereich, die Wohnkü- fest. Aber einen Gemeinschaftsraum soll
Hund und eine Katze gehören zur Bau- che wird gemeinsam genutzt. Doch weil es auf jeden Fall geben. Ob der Platz aber
gruppe „Wunschnachbarn“. Es sind junge das in Köln nicht leicht zu finden ist, blieb für einen Waschsalon als Begegnungs-
und alte Menschen, Familien und Sin- nur die Chance, die Idee der weiterent- stätte oder für eine Quartierswerkstatt
gles, Rentner und Angestellte, Künstler wickelten Wohngemeinschaft innerhalb im Keller reicht, werden die weiteren Pla-
und Kinderpflegerin, Schauspieler und einer Baugruppe zu verwirklichen. nungen zeigen.
Pädagogen, Architekt und Wissenschaft- Getroffen haben Entscheidungen im Konsensverfahren
ler. Die Altersspanne reicht von einem bis sich die Wunsch-
65 Jahren. Alle eint der „Traum von guter nachbarn auf ganz Einmal pro Woche trifft sich die Gruppe.
Nachbarschaft und mehr Gemeinschaft unterschiedlichen
in einem grünen Haus mitten in der Wegen und unter „Es gab aber auch schon mal fünf Termine
Stadt“. Innerhalb der Baugruppe gibt es auch durch das
noch eine Untergruppe von fünf älteren Netzwerk „Ge- an sieben Tagen“, erinnert sich Pohlert.
Menschen, die im Neubau in einer Wohn- meinschaftliches
gemeinschaft leben wollen. „Wir wollen Bauen und Woh- Einzelne Mitglieder kümmern sich gezielt
dahin zurück, wo wir mit zwanzig aufge- nen in Köln“, das
hört haben“, sagt Theaterpädagogin und vom „Haus der um die Finanzen, die Architektur oder die
Regisseurin Angelika Pohlert. „Damals Architektur“ un-
wohnten wir schon in einer WG. Jetzt terstützt wird. „In künftige Rechtsform der Gruppe. Ein Tag
Köln ist die Verga-
sind die Kinder aus dem Haus und wir be von Grundstü- Konsenstraining hat bereits stattgefun-
möchten wieder zurück in die WG. Raus cken an Baugruppen, im Vergleich zu an-
aus dem eigenen kleinen Kämmerchen deren deutschen Städten, noch zu wenig den. „Wir treffen unsere Entscheidungen
hinein in ein lebendiges Zusammenle- verbreitet“, sagt Peter Heinzke, mit 64
ben.“ Jeder der fünf hat einen eigenen Jahren einer der älteren „Wunschnach- im Konsensverfahren“, erklärt Heinzke.
barn“. „Schon vor fünfunddreißig Jahren
habe ich Workshops zu diesem Thema „Dabei wird ein Weg gesucht, den alle
veranstaltet“, ergänzt der ehemalige
Leiter einer Bildungsstätte. Und jetzt soll mitgehen können.“ Jeder soll mit der ge-
der Traum von einer anderen Wohnform
endlich verwirklicht werden. troffenen Entscheidung leben können.
Weniger Platz als geplant „Trotz Hektik und Stress waren unsere Zu-
Bis Ende September muss sich die Gruppe sammentreffen bisher immer angenehm
geeinigt haben, wer wo im Haus wohnen
wird, wie die sieben Wohneinheiten ver- und sehr friedfertig“, sagt Pohlert. „Ich bin
teilt werden. Erschwert wird die Planung
durch die Verkleinerung der Grundstücke. deshalb optimistisch, dass wir das, was
„Zuerst konnten wir unsere Ideen noch
auf 800 Quadratmeter unterbringen“, wir uns vorstellen und wünschen, auch
sagt Pohlert. Doch dann wurden die
Grundstückszuschnitte von Moderne in die Tat umsetzen können.“ Als näch-
Stadt, der stadteigenen Gesellschaft, die
das alte Fabrikgelände entwickelt, verän- stes muss ein Finanzierungskonzept erar-
dert, um acht statt der geplanten sechs
Baugruppen zum Zuge kommen zu las- beitet werden, damit im Februar 2015 das
sen. „Großartiger Luxus ist jetzt nicht
mehr möglich“, stellt Pohlert nüchtern Grundstück erworben werden kann. Im
selben Jahr soll dann auch mit dem Bau
begonnen werden. mac
www.hda-koeln.de/baugemeinschaften
„Ich wohne in Nippes, weil ...
... ich nichts dafür
kann. Ich wurde
ins Veedel hinein
geboren.“
Sven Giese (46)