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18 Literatur
„Ich arbeite mit Erinnerungen“
Der Illustrator und Autor Nikolaus Heidelbach gibt Auskunft über seine Arbeit
Er bezeichnet sich selbst als „freien Kinderbuchautor und satirischen Zeichner.“
Nikolaus Heidelbach gilt als einer der besten zeitgenössischen Kinderbuch-Illus-
tratoren. Der 56-Jährige hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten und
ist durch viele Ausstellungen über Deutschland hinaus bekannt geworden. Er lebt
mit seiner Familie in Nippes.
Für Nippes: Viele kennen Ihre Bücher, Ganz klar ersteres. Ich sehe mich schon
aber wie viele kennen Ihr Gesicht? Wer- als Autor, besonders als Kinderbuchau-
den Sie auf der Straße angesprochen? tor, obwohl ich ja mittlerweile auch für
Erwachsene schreibe. Aber das nur in
zweiter Linie.
Nikolaus Heidelbach: Ich habe hier Sie leben und arbeiten in Nippes. Wa- Wer ist Ihnen als Leserschaft lieber: Kin-
in Nippes zwei Kinder groß gezogen, rum gerade hier? der oder Erwachsene?
da kennt man eine Menge Leute aus Ich wohne seit 30 Jahren in Nippes. Das Kinder, weil sie viel unbefangener sind
dem Umfeld Kindergarten und Schule. war Zufall. Ich kam aus Berlin und mein als Erwachsene. Das bilde ich mir zu-
Aber Menschen, die mich im Alltag auf Bruder hat für mich eine Wohnung in mindest ein.
meine Arbeit ansprechen, das passiert Köln gesucht und eine in Nippes ge-
selten. Es gab einmal einen Bettler, der funden. Aufgewachsen bin ich aller- Ihre Illustrationen werden oft als beson-
hat mich erkannt. Das war einen Tag, dings im Kuniberts-Viertel. Aus dieser ders eigenwillig beschrieben. Sehen Sie
nachdem in der ARD-Sendung „Druck- Perspektive ist die Innere Kanalstraße das auch so?
frisch“ ein Interview mit mir gezeigt die Grenze der Stadt. In Nippes ist man Für mich ist das eher die Verlegenheit
wurde zum Erscheinen meines Buches irgendwie außerhalb von Köln, aber der Kritiker. Die Kinderbuchszene ist
„Königin Gisela“. Darin geht es um ein trotzdem nah dran. Das gefällt mir. insgesamt eher konservativ und über-
Mädchen, das Herrscherin über eine schaubar langweilig. Da aufzufallen
Erdmännchen-Kolonie werden möch- Wenn man Ihre Illustrationen sieht, ist nicht schwer. Ich habe Sachen ge-
te. Ich bin gerade auf dem Weg in den versteht man den Text oft noch einmal macht, die vor mir noch keiner gemacht
Supermarkt, da spricht mich der Mann ganz neu. Wie erarbeiten Sie sich die hat. Daher rührt ein solches Urteil. Ich
an und sagt „Hallo Erdmännchen“. Da Geschichten? glaube aber, wenn man eine gute Ge-
war ich platt. Als ich zum Beispiel die Märchen der schichte für Kinder erzählt, gibt es kei-
Brüder Grimm illustriert habe, hatte ich ne Themen, die man nicht reinbringen
Sind Sie ein schreibender Illustrator oder eine Zeit lang an die hundert Märchen darf. Ich traue Kindern viel zu und das
ein zeichnender Schriftsteller? im Kopf. Dann habe ich mich auf die ist entscheidend.
Suche nach passenden Ideen gemacht
und wie ein Schwamm Details auf-
gesogen: Gesten, Gesichtsausdrücke,
Körperhaltungen. Ich arbeite mit Erin-
nerungen, mit Dingen, die ich einmal
gesehen und mir gemerkt habe. Diese
Details halte ich in meinem Kopf bereit,
um sie bei Bedarf abzurufen.
Gibt es Vorbilder?
Meine Vorbilder sind die alten Maler
des 15. und 16. Jahrhunderts und dabei
eher die zweit- und drittrangigen. Die-
ser Weltsicht fühle ich mich verwandt.
Wie würden Sie Ihre Technik beschrei-
ben?
Ich gehe nicht grafisch vor, sondern
stelle die Stofflichkeit, also die unter-
schiedlichen Materialien in den Vor-
dergrund. Die Verschiedenartigkeit von
Haut, Haaren, Fingernägeln und Stoff
belebt ein Bild ganz besonders.

