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20 ... aus der Geschichte von Nippes
Die Clouth-Werke - Teil 4
Kriegszeit und Wirtschaftswunderjahre
Während der Kriegsjahre wurden auch ausländische Zwangsarbeiter in den Clouth-
Werken beschäftigt. 1945 waren 90 Prozent der Fabriken zerstört, aber schon fünf
Jahre später war der Umsatz aus Vorkriegszeiten wieder erreicht worden.
Im Jahre 1937 feierten die Clouth-Werke Ab 1942 gab es gezielte Luftangriffe ge- 1961 verstarb Max Clouth, der Sohn des
ihr 75-jähriges Firmenjubiläum. In der gen die beiden Fabriken. Auf notdürftige Firmengründers, der lange Jahre Mit-
Festschrift, die aus diesem Anlass he- Wiederaufbauarbeiten folgte meist ein glied des Vorstands und des Aufsichts-
rausgegeben wurde, war zwar kaum neues Bombardement. Auch die um- rats der Clouth-AG gewesen war. Er wur-
ausdrücklich vom Nationalsozialismus liegenden Wohnsiedlungen wurden de in der Clouth’schen Familiengruft auf
die Rede. Aber es erschien unter ande- erheblich in Mitleidenschaft gezogen. dem Friedhof Melaten beigesetzt. Der
rem ein Foto, das den ersten Firmen- Nach dem Luftangriff vom 15. Okto- Aufschwung der Clouth-Werke setzte
sitz in der Kölner Sternengasse zeigte. ber 1944 waren die Werke zu etwa 90 sich fort: 1961 betrug der Gewinn des
Dieses Foto war retuschiert worden, Prozent zerstört. Die Produktion wurde Unternehmens rund 850 000 D-Mark
weil die Namen jüdischer Gewerbetrei- daraufhin eingestellt. Die verbliebenen und es wurden 16 Prozent Dividende
bender nicht sichtbar werden sollten. Belegschaftsmitglieder, die eigentlich ausgeschüttet. Die Firma beschäftigte
Zu dieser Zeit umfasste das Werk ein „unabkömmlich gestellt“ waren, wur- in diesem Jahr insgesamt rund 2 100 Ar-
Laboratorium, ein Walzwerk und sechs den noch in den letzten Kriegswochen beiter und Angestellte.
weitere Abteilungen. Den größten An- zur Wehrmacht eingezogen. Aber die
teil machte die Produktion von Förder- Betriebsleitung hatte ab 1944 einige 1962 wurde dann das 100-jährige Beste-
bändern aus. Produktionsmaschinen und Materi- hen der Clouth-Werke im Kölner Gürze-
nich gefeiert. Zu diesem Anlass erschien
Ab 1939 produzierten die Clouth-Werke alien in ländlichen auch eine umfangreiche Festschrift. In
und die „Land- und Seekabelwerke“ fast Gebieten unterge- den 1970er Jahren wurden zahlreiche
ausschließlich für die Kriegführung. Da bracht. neue Produkte entwickelt, von denen
das Werk als „kriegswichtiger Betrieb“ mehrere dem Eisenbahn- und Straßen-
eingestuft war, bekamen die Clouth- Am 6. März 1945 bahnverkehr zugute kamen. Die Beleg-
Werke nicht nur „Dienstverpflichtete“ besetzten dann schaft erreichte 1962 mit 2 241 Männern
aus anderen Betrieben zugewiesen, son- US-Truppen die und Frauen ihren absoluten Höhepunkt
dern auch ausländische Zwangsarbeiter. Clouth-Werke. Die in der Firmengeschichte. Ab 1970 ging
Es hat in Nippes zwei Zwangsarbeiter- US-Beauftragten sie dann stetig zurück.
lager gegeben, die den Clouth-Werken überprüften die
und den „Land- und Seekabelwerken“ Firmenleitung und ... in der nächsten Ausgabe geht es weiter!
zuzuordnen sind: Das eine befand sich die verbliebenen
an der Friedrich-Karl-Straße, Ecke Nieh- Kapazitäten und Winfried Schumacher
ler Kirchweg. Dort waren hauptsächlich im Oktober 1945 www.archiv-koeln-nippes.de
Russen untergebracht. Das andere, das wurde eine – wenn
etwa 60 Franzosen, Ukrainer und Belgier auch bescheidene „Ich gehe gerne aus in Nippes, ...“
aufgenommen hatte, lag an der Niehler – Produktion von
Straße, Hausnummer 100-108. Gummiwaren wie- ... weil meine be-
der aufgenommen, die dann aber ste Freundin hier
schrittweise ausgeweitet wurde. Die wohnt und wir
Maschinen standen zunächst teilweise gemeinsam etwas
unter freiem Himmel, aber bald wur- unternehmen.“
den auch wieder Hallen gebaut. Viele Karla Mailandt (54)
Leitungsstellen waren wieder von den
„alten Chefs“ besetzt, soweit diese den
Krieg überlebt hatten. Den Besatzungs-
mächten lag mehr an einer Wiederbe-
lebung der Wirtschaft als an einer kon-
sequenten Entnazifizierung. Nach der
Währungsreform am 20. Juni 1948 wur-
de das Werk mit Aufträgen geradezu
überschwemmt. 1949 und 1950 konnten
weitere Gebäude errichtet werden. 1950
war der Mengenumsatz der Vorkriegs-
jahre wieder erreicht und 1952 feierte die
Firma ihr 90-jähriges Bestehen.

