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30 Leben
Wohnen im Veedel, nicht im Heim
Caritas-Wohnprojekt für Behinderte
Thorsten Glas ist geistig behindert. Der 39-Jährige lebt seit 2009 in der autofreien Thorsten Glas arbeitet in Poll bei den So-
Siedlung Am alten Stellwerk. Alleine wohnen kann er dort, weil er von der Caritas zialbetrieben Köln als Lagerist und hat
im Rahmen des Projektes „Wohnen im Veedel“ (Wiv) betreut wird. ein eigenes Einkommen. Der begeisterte
Fußballfan von Schalke 04 und Leverku-
In der autofreien Siedlung wohnen Thorsten Glas (rechts) mit seinem Betreuer Frank
insgesamt 15 Behinderte allein oder Schomaker
zu zweit in einer Wohnung. Wie funk-
tioniert das nun mit der Betreuung? sen lebt alleine mit seinen beiden Katzen.
„Wir befragen die Klienten nach ihren
„Wiv gibt es seit 2004“ berichtet die Fähigkeiten und sie erhalten entspre- Er hat einen gesetzlichen Vertreter, der
zuständige Bereichsleiterin bei der chende Hilfe“, erklärt Steltzer. „Je nach
Caritas, Susanne Steltzer. „Das Projekt Fall sind das zwischen zwei und neun ihm bei der Einteilung seiner Finanzen
wurde ins Leben gerufen, um Menschen Stunden pro Woche. Das Stundenkon-
mit geistiger Behinderung die Möglich- tingent wird pro Jahr bewilligt.“ Und hilft. Von dem Geld, was er alle 14 Tage
keit zu einem eigenständigen Leben zu was bedeutet das für Thorsten Glas?
geben.“ Eine gute Alternative zu einer „Thorsten hat ein Stundenkontingent ausgehändigt bekommt, kann er nicht
Heimunterbringung. von zwei Stunden pro Woche“, berichtet
sein Caritas-Betreuer Frank Schomaker. alle seine Hobbies finanzieren, also ver-
„Er kommt in seinem Alltag sehr gut zu-
recht. Unsere Hilfe besteht eher im le- dient er etwas hinzu, indem er Werbung
benspraktischen Bereich, in Gesprächen
zur Tagesreflektion. Wir bündeln oft austeilt. Seine Hobbys sind Sportarten,
die Stunden für größere Ausflüge, die
Thorsten nicht gerne alleine machen bei denen er sich so richtig auspowern
möchte.“
kann: Fußball und Go-Kart fahren. Thor-
sten wohnt gerne in Nippes: „Hier habe
ich nette Nachbarn.“ Er kennt viele Leute
in der Nachbarschaft und hat zu einigen
einen guten Kontakt. Wie zum Beispiel zu
Mario Periç, der mit seiner Freundin und
zwei Kindern über ihm wohnt. „Das Pro-
jekt Wiv gibt uns Einblicke in das Leben
von Menschen, die uns normalerweise
verborgen bleiben“, kommentiert Periç.
„Wenn man sich ehrlich auf die Leute ein-
lässt, nehmen sie das dankbar an und das
Zusammenleben
ist völlig unpro-
blematisch.“ Die
Berührungsängste
seien auf beiden
Seiten gleich hoch,
berichtet Periç wei- Thorsten Glas und Nachbar
ter. Mario Periç beim Caritas-Fest
Ab und zu gibt es kleinere Konflikte mit
den Nachbarn, wenn sich Themen hoch
schaukeln. „Aber darum kümmern wir
uns auch“, berichtet Susanne Steltzer.
„Dabei kann man viel voneinander ler-
nen. Und Mario Periç ergänzt: „Das Re-
gelverständnis bei behinderten Men-
schen ist oft größer als bei Menschen
ohne Behinderung.“ mx
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