Page 32 - fuer-Nippes_2011-2
P. 32

32 Veedel im Veedel

„Dat Hätz vun Neppes“

Er ist keine Schönheit, aber er hat Charakter – und Geschichte: Der Wilhelmplatz

Was antworten neun von zehn Personen, wenn man sie fragt, wo der Mittelpunkt          Rand stehen. Die
von Nippes liegt: Ganz recht, am Wilhelmplatz. Sein Bekanntheitsgrad liegt noch       anderen muss-
vor dem des „Golde Kappes“. Kein Wunder, denn wo sonst in Köln ist an sechs Wo-       ten dem zuneh-
chentagen Markt? Wo wird der Kölner Karneval schon um 9.11 Uhr eröffnet und           menden Marktge-
wo lernen die Nippeser Kinder das Fahrradfahren?                                      schehen im Laufe
                                                                                      der Jahre weichen.
                                           Diskussionen um seine Um-                  Der Markt, einst
                                           gestaltung, die dann in 1992               als Versorgermarkt
                                           endlich durchgeführt wurde.                geplant und heute
                                           Mit dem Ergebnis müssen                    von Textilien domi-
                                           wir heute noch leben und si-               niert, beeinflusst
                                           cher auch morgen und über-                 auch die umlie-
                                           morgen. Alle Bemühungen,                   genden Geschäfte
                                           zumindest den Pavillon, den                und Kneipe.
                                           Norbert Burger seinerzeit in
                                           seiner Eröffnungsrede mit                  Hans-Wener The-
                                           dem „Taj Mahal“ verglich, zu               len, Geschäftsfüh-
                                           verschönern, sind bisher fehl              rer der Weinhand-
                                           geschlagen.                                lung Klefisch be-
                                                                                      schwert sich:
Eingerahmt von der Viersener Straße,       Seit 1900 besteht der Wilhelmplatz in      „Wenn man sich
Christina-, Wilhelm- und Auguststraße      Nippes. Woher der Name stammt, ist         alleine mal den
hat er als einer der wenigen Plätze in     nicht ganz klar. Vermutlich gab die Wil-   Schilderwald bei
Nippes diesen Titel auch wirklich ver-     helmstraße den Namen, die nach dem         den Parkschildern
dient. Er bietet viel „Platz“, man kann    Kaiser Wilhelm I. benannt wurde. Mög-      anguckt, das ist
den Himmel sehen und er ist Brenn-         lich ist aber auch, dass Wilhelm Eich      furchtbar. Die
punkt des öffentlichen Lebens.             (1830-1900), der letzte Bürgermeister von  Marktfahrzeuge
                                           Nippes vor der Eingemeindung in Köln       belegen alle Park-
Seit 111 Jahren Platz                      1888, der Namensgeber ist.                 plätze und für die
                                                                                      Kunden bleibt
Der Wilhelmplatz wurde ausdrücklich        Aus Nippes in die große Welt               kein Platz. Auch
als Marktplatz geplant, aber auch als                                                 die Fahrradstän-
öffentlicher Platz für Großveranstal-      Vor der Umgestaltung zum Platz gab es      der rund um den
tungen. Er erlebte die Karnevalskirmes in  auf dem Gelände nur Acker- und Gar-        Wilhelmplatz sind
den 30er Jahren, musste die Aufmärsche     tenland. Ein gewisser Jakob Meyer hatte    abgebaut worden. Auf der anderen Seite
der Nazis erdulden, ließ sich von der Be-  hier eine Ziegelhütte gemietet und ex-     haben wir in Nippes jetzt eine autofreie
geisterung eines zahlreichen Publikums     perimentierte in einem selbstgebauten      Siedlung, das passt nicht zusammen.“
bei Spiel- und Sportveranstaltungen in     Schmelzofen mit Stahl. Er wurde sogar
den 50er Jahren mitreißen. Hier fanden     von skeptischen Nachbarn als Falsch-       Waltraud „Wally“
in den 60er Jahren die ersten Proteste     münzer verdächtigt, aber in Wirklich-      Ernst, seit 54 Jahren
von Anwohnern und Nippeser Eltern          keit erzeugte er dort wirklich Stahl und   Wirtin in verschie-
statt, die sich über verbotswidrig ge-     wurde später Mitbegründer der Hoesch       denen Kneipen
parkte Fahrzeuge ärgerten. In den 70er     Stahl AG in Dortmund, einem der größ-      am Wilhelmplatz,
und 80ern gab es leidenschaftliche         ten Erzeuger weltweit, die heute zu dem    berichtet: „Früher
                                           Weltkonzern ThyssenKrupp gehört.           konnten wir Wirte
                                                                                      gut vom Markt le-
                                           60 Bäume spendeten Schatten                ben. Das ist heute
                                                                                      anders. Wenn ich
                                           Der Wilhelmplatz war in seiner Urform      meine Stammkun-
                                           mit 60 jungen Ahornbäumen bepflanzt,       den nicht hätte,
                                           von denen heute nur noch wenige am         wäre das „Maats-
                                                                                      tüffge“ schon
                                                                                      längst geschlossen.“ Und im Bistro Cen-
                                                                                      trale auf der Ecke Viersener Straße gibt es
                                                                                      nicht nur einen starken Kaffee, sondern
                                                                                      auch einen Sitzplatz in der Sonne. mx

Das Stadtteilmagazin
   27   28   29   30   31   32   33   34   35   36   37