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16 Aus den Vereinen
Silbernes Jubiläum bei Rat und Tat
Selbsthilfeverein im Worringer Bahnhof seit 25 Jahren aktiv
„Wir als Angehörige sind einfach überzeugender als die Profis. Wir wissen, was
geht und was nicht, weil wir fast alles ausprobiert haben.“ Ulrike Demmig spricht
aus leidvoller Erfahrung. Vor 20 Jahren erkrankte ihre geistig behinderte Tochter an
Schizophrenie. Kein Arzt und kein Krankenhaus fühlten sich für die junge Frau lang-
fristig verantwortlich. Die Familie war mit der belastenden Situation überfordert.
Erst dann suchen
sie für sich selbst
Hilfe.“
Zwar erhielt der
Verein für sein eh-
renamtliches Enga-
gement 2005 den
Ehrenamtspreis
der Stadt Köln und
2009 den Ehren-
preis für soziales
Engagement des
Landschaftsver-
bands Rheinland
Das Team von Rat und Tat (v.l.): Anna Tzali, Anne Stupp, Elke Respondeck, Karl (LVR). Dennoch ist
Ludwig Steinhäuser, Ute Demmig und Jens Splett. der Erhalt des An-
gebots auch ein
Durch Zufall stieß Demmig bei ihrer Su- steter Kampf ums Geld. „Wir bekommen
che nach Hilfe auf den Verein Rat und Unterstützung vom LVR und in gerin-
Tat, die Hilfsgemeinschaft für Angehö- gerer Höhe von der Stadt“, sagt Demmig.
rige von psychisch Kranken. 2003 wurde Private Sponsoren, organisiert durch die
Demmig Vereinsvorsitzende und feierte Freiwilligen-Agentur Köln, haben unter
Anfang Mai mit zahlreichen der rund anderem Druck und Gestaltung der Flyer
220 Vereinsmitglieder das 25-jährige Be- übernommen. Eine eigene Stiftung un-
stehen der Selbsthilfe, die seit 1991 ihre terstützt Kranke, denen kein öffentlicher
Büroräume im alten Worringer Bahnhof Träger mehr hilft. „Auch die nächsten 25
hat. Heute gibt es neun Gesprächskreise Jahre wird der Verein noch gebraucht“, ist
– über das gesamte Stadtgebiet verteilt – Demmig überzeugt.
die betroffenen Angehörigen die Mög-
lichkeit bieten, sich auszutauschen und Beratung ist telefonisch möglich unter
Beratung, Unterstützung und Entla- der Rufnummer 739 07 34. Sprechstun-
stung geben. Seit zwei Jahren existiert den sind montags und mittwochs von 13
zudem eine Jugendgruppe, die von der bis 16 Uhr, dienstags und donnerstags
RheinEnergie Stiftung Familie finanziell von 10.30 bis 12.30. Dienstags von 16 bis
unterstützt wird. 17 Uhr ist eine Sprechstunde speziell für
Jugendliche. mac
„Die Vorurteile in der Gesellschaft ge- www.rat-und-tat-koeln.de
genüber psychisch kranken Menschen
sind noch immer groß“, weiß Demmig. „Ich mache Sport in Nippes, weil ...
„Sie gelten als schwer einschätzbar,
eventuell auch als gefährlich.“ Und die
Krankheit beginnt schleichend. Bis zu
fünf Jahren kann es dauern, bis die Er-
krankung als solche von Betroffenen
und der Familie wahrgenommen wird. ... die Atmosphäre
Oftmals vergeht noch ein Jahr bis zur im Nippeser Verein
endgültigen Diagnose. „Angehörige am schönsten ist.“
merken, wie sie die Situation schwächt, Celina Johanna
sie selber von Krankheit bedroht sind. Koch (16)
Das Stadtteilmagazin

