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Starke Erinnerungen an eine unangepasste Kölnerin

Sie haben sich nicht gesucht, und doch gefunden: Efstathios „Filos“ Tseliopou-             gibt es dort die „Gertrud Koch-Gesamt-
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los, Kioskbesitzer aus Nippes und Gertrud „Mucki“ Koch, Widerstandskämpferin
                                                                                           „Musik war ihr Leben und Singen war
und Mahnerin gegen das Vergessen, die am 21. Juni 2016 im Alter von 92 Jahren              wichtig für Mucki, um wieder aus einem
                                                                                           Tief heraus zu kommen“, sagt Filos, der
in Nippes starb. Filos hält die Erinnerung an die besondere Kölnerin wach, die in          Koch vor zwanzig Jahre kennenlernte.
                                                                                           Damals betrieb er noch seinen Imbiss an
diesem Jahr 95 Jahre alt geworden wäre.	    Fotos: Biber Happe, Repro Filos                der Sechzigstraße. „Plötzlich stand das
                                                                                           Idol aus meiner Jugend an der Theke.“
Eine ganze Reihe von „Kiosk-Konzer-         „und Mucki ist so präsent, wenn er von         Mucki habe ihn mit ihrer unbeugsamen
ten“ veranstaltet Filos in diesem Jahr      ihr erzählt. Ich finde einfach wunderbar,      Art geprägt, bekennt der 51-Jährige. 2012,
zum Andenken an Mucki Koch. Neben           was er macht.“ Beide, den kölschen Grie-       nach dem Tod ihres Mannes, kümmert
dem Geburtstagskonzert, das am 1. Juni      chen und den eingewanderten Sizilianer,        sich Filos immer intensiver um Koch, gibt
                                                                                           sogar seinen Imbiss auf und eröffnet vor
stattfand, gibt es am 21. September un-                  fasziniert der Lebensweg der      sechs Jahren den Kiosk. Schon zu ihren
ter dem Titel „Der schräge Silberspring“                 Widerstandskämpferin. Mit         Lebzeiten engagiert er sich beim Edel-
alte bündische Lieder zu hören, am 5. Ok-                gleichgesinnten „unange-          weißpiratenfestival, das seit 2005 jeden
tober tritt die griechische Band „Ta Ala-                passten“ Jugendlichen, die ihr    Sommer im Friedenspark in der Südstadt
nia“ auf und am 9. November lädt Filos                   eigenes Liedgut hatten, ver-      stattfindet und an den Widerstand der
zum karnevalistischen Abend ein. Dann                    brachte Mucki Koch – ihren        unangepassten Jugend und ihre Lieder
werden wieder Zeitschriftenständer                       Spitznamen hatte sie, weil sie    während der Nazi-Zeit erinnert.
beiseitegeschoben und die Lotte-Theke                    gerne aufmuckte – ihre Frei-
leergeräumt, und der Kiosk an der Ecke                   zeit, verteilte 1942 Flugblätter  Wie einen Schatz bewahrt Filos Fotoal-
Merheimer Straße/Werkstattstraße ver-                    gegen das NS-Regime, wurde
wandelt sich in einen kleinen, intimen                   verhaftet und gefoltert, konn-    ben, Auszeichnungen und Bücher von
Musikclub. Beim Aus- und wieder Einräu-                  te aber aus dem Gefängnis in
men kann Filos sich auf die Hilfe von Sal-               Brauweiler entkommen. Nach        Gertrud Koch auf, aber am meisten
vatore Morinello (39) verlassen, der seit                dem Krieg setzte sie sich un-
knapp vier Jahren die Pizzeria Da Franco                 ter anderem mit dem Edel-         zehrt er von seinen Erinnerungen an die
gleich um die Ecke betreibt. „Wenn Filos    weißpiraten Jean Jülich bei Vorträgen
nur den Namen von Mucki erwähnt, hat        und Veranstaltungen dafür ein, dass            unbeugsame Kölnerin und trägt ihr Ver-
er Tränen in den Augen“, sagt Morinello,    ihre Erlebnisse und Erfahrungen und
                                            ihr Kampf während der Nazizeit nicht           mächtnis in die Gegenwart. 	  mac
                                            vergessen wurden. „Die Erinnerung an
                                            diese außergewöhnliche Frau muss fort-
                                            bestehen“, betonte Bürgermeisterin Elfi
                                            Scho-Antwerpes, die am 95. Geburtstag
                                            von Mucki Koch zum Kiosk-Konzert ge-
                                            kommen war. „Wir müssen wachsam
                                            bleiben und ihre Geschichte am Leben
                                            erhalten. Ihre Stimme gegen die Unge-
                                            rechtigkeit darf nicht sterben.“ Deshalb
                                            setzen sich Scho-Antwerpes und Filos
                                            auch dafür ein, eine Straße oder eine
                                            Schule in Köln nach Gertrud Koch zu
                                            benennen. Die Stadt Troisdorf ist schon
                                            einen Schritt weiter. Seit Dezember 2018

Esche & Partner                             G  Rechtsanwälte
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RA Wolfram Esche                            Fachanwalt für Strafrecht
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