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32 Leben
Auf ein Kölsch im Kappes mit Paul Heller
Er gehört zu den besten Jazzmusikern nicht nur in Deutschland, ist als Saxopho- Studium irgendwann abgebrochen, weil
es für mich keinen Sinn mehr machte.
nist Mitglied der renommierten WDR-Bigband und mit Fay Claassen verheiratet, Diese Entscheidung war genau richtig,
dann das Spielen hatte für mich immer
der niederländischen Jazzsängerin. Aber Starallüren sind ihm fremd. Die Musik Vorrang. Ich habe viele ältere, erfahrene
Musiker schon während meiner Schulzeit
habe ihn immer geerdet, sagt Paul Heller (48), der mit seiner Familie schon seit kennengelernt, die mich mitgenommen
und unterstützt haben. Es war ein natür-
zwanzig Jahren in Nippes lebt. Foto: Biber Happe licher Übergang aus der Schulzeit in den
Beruf. Ich wurde häufig angerufen und
zum Mitspielen eingeladen. So durfte ich
schon früh mit meinen Helden zusam-
men spielen.
Nippes-Magazin: Herr Heller, Sie haben zeit dem Instrument gewidmet. Wer war das?
bis zum Alter von 15 Jahren schon drei Wie oft und wie lange haben Sie geübt? Mein Mentor war der niederländische
erste Preise beim Nachwuchswettbewerb Als ich von Hohenlimburg, wo ich aufge- Trompeter Ack van Rooyen, der heute
„Jugend jazzt NRW“ abgeräumt. Gab es wachsen bin, nach Köln zum Studium an 89 Jahre alt ist. Ich kenne ihn, seit ich 16
für Sie eigentlich einen Plan B im Leben die Musikhochschule ging, habe ich acht bin und er hat mich unter seine Fittiche
statt der Musik? Stunden am Tag geübt. Aber das war kein genommen und unterstützt. Bob Brook-
Paul Heller: Nein, nie. Es war vollkom- Zwang, sondern das ergibt sich automa- meyer, der amerikanische Komponist,
men klar, dass ich Musik machen werde. tisch. Solange der Forscherdrang da ist, Arrangeur und Bandleader, in dessen
Ich bin in einer musikalischen Familie das Instrument mit all seinen Facetten Band ich 17 Jahre gespielt habe oder der
aufgewachsen. Mein Vater hat immer kennenzulernen und neben der Technik Tenorsaxofonist Johnny Griffin, auch aus
Jazzmusik gemacht und ich habe lange die Sprache des Jazz aufzusaugen und zu den USA, der leider schon 2008 verstor-
nicht gewusst, dass er eigentlich Pro- erlernen, schaut man nicht auf die Uhr. ben ist. Aber ich könnte noch eine ganze
fessor für Elektrotechnik war. Mein vier Während der Schulzeit war die Musik Reihe weiterer Namen nennen. Aber einen
Jahre älterer Bruder Ingmar ist ebenfalls wirklich inspirierend und anspornend, ge- Musiker darf ich nicht vergessen: Das ist
Musiker und spielt Bass in der NDR-Big- rade auch mit dem Jugend-Jazzorchester Wolfgang Engstfeld. Er war Lehrer an der
band. Nur so nebenbei: Der Hessische NRW, mit dem ich unterwegs war. Und Kölner Musikhochschule, mein großes
Rundfunk ist noch der dritte der öffent- ich war ja schon, als ich in der Oberstu- Vorbild und sehr prägend. Er war einer
lich-rechtlichen Sender in Deutschland, fe war, mit der Thilo Berg-Bigband auf der Menschen, die mich bewogen haben,
die sich Chor und Orchester leisten. Die- Tournee. Ich bin heute noch meinen Leh- Tenorsaxofon zu spielen und nach Köln zu
se drei machen weniger als 40 Cent der rern dankbar, dass sie mich die Wochen kommen.
Rundfunkgebühren aus. über weggelassen haben. Mittlerweile
ist das Üben natürlich ein bisschen in den Sind Sie ein glücklicher Mensch, weil Sie
Gab es nie Momente in ihrem Leben, als Hintergrund getreten, weil ich praktisch die Musik, ihre Leidenschaft, erfolgreich
sie ihr Instrument, das Tenorsaxofon, ein- jeden Tag spiele. zum Beruf machen konnten und mit der
fach mal in die Ecke werfen wollten? besten niederländischen Jazzsängerin ver-
Nein, wirklich nicht. Das Instrument und Der Weg zum Studium an der renom- heiratet sind?
die Musik haben mich gerade auch über mierten Musikhochschule in Köln war bei Ja klar, das ist ein traumhaftes Leben! Aber
schräge Zeiten getragen, zum Beispiel in ihrem Talent vorgegeben. Welchen Ab- es gibt auch Durststrecken. Ich bin viel un-
der Pubertät, wenn nicht alles rund lief. schluss haben Sie gemacht? terwegs, die Musik ist mit viel Organisati-
Gerade dann hat mir die Musik geholfen. Ich muss gestehen: Ich habe gar keinen on, viel Fahrerei und Warten verbunden.
Ich habe schon einen Großteil meiner Frei- künstlerischen Abschluss. Ich habe das Warten auf den Soundcheck, warten auf
den Auftritt. Das ist manchmal schon ein
bisschen ermüdend. Aber man wird durch
die Musik immer wieder belohnt.
Ist es heute schwieriger als vor 30 Jahren,
als Ihre Karriere begann, sich als Musiker
zu etablieren?
Es ist schwieriger geworden. Es gibt mehr
Musikhochschulen, die Zahl der gut aus-
gebildeten Musiker ist größer geworden
und heutzutage müssen sich die Musiker
viel mehr um sich selber kümmern. Ich bin
schon früh in meiner Karriere von anderen

