Page 22 - nippes-magazin_2017-3
P. 22

22 ... aus der Geschichte von Nippes

Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch.

Mit einem Erlass des Reichsführers SS Heinrich Himmler vom 16. Dezember 1942,                  Seligmann, Albert
                                                                                               Kaufmann, Hans
dem so genannten „Auschwitz-Erlass“, begann die Deportation und systema-                       und Else Marx
                                                                                               geb. Schlesinger,
tische Vernichtung der im Deutschen Reich lebenden Sinti und Roma. Genau fünf-                 Marianne Marx
                                                                                               geb. Seligmann,
zig Jahre später, am 16. Dezember 1992, erinnerte der Künstler Gunter Demnig mit               Hermann Selig-
                                                                                               mann, Ingeborg
der Verlegung des ersten Stolpersteins vor dem Historischen Rathaus an dieses                  Seligmann geb.
                                                                                               Mayer, Leni Selig-
Verbrechen.  Fotos: Wikipedia - Raimond Spekking, Archiv für Stadtteilgeschichte, Biber Happe  mann geb. Maller, Alfred Seligmann, die
                                                                                               Kinder Aron Seligmann und Gerson Se-
Auf dem mit einer Messingplatte ver-         geb. Salm, für Gittel und Käthe Dingfelder        ligmann. Dann auch Bernhard Voos und
sehenen Stein waren die Anfangszeilen        geb. Lustig, Veronika Esserholz, Thekla           Klara Voos geb. Seligmann. Gerson Voos
des Erlasses zu lesen. Der ausgehöhlte       Isaac, für Max und Emilie Weinberg geb.           war gerade zwei Jahre alt, als er im Mai
Stein enthält den gesamten Text. Die Zi-     Silberberg. Sie wurden deportiert nach            1942 von Litzmannstadt nach Kulmhof
geuner waren die ersten, denen Demnig        Litzmannstadt (Lodz), Kulmhof (Chelm-             (Chelmno) deportiert und dort ermordet
sein Projekt „Stolpersteine“ widmete, das    no) und Riga und dort ermordet. Paul              wurde. Nicht nur für die jüdischen Op-
                                             Horn, Ella Horn geb. Feldheim und ihre            fer gibt es Stolpersteine in Nippes. Elly
er schließlich auf alle rassisch Verfolgten  Tochter Lore Horn wurden 1937 aus ihrer
und Opfer des Naziregimes ausdehnte.         Wohnung am Erzberger Platz zur Um-                Fey aus der Wilhelmstraße, eine Zeugin
Mittlerweile liegen in 1099 Orten            siedlung nach Hannover gezwungen, von             Jehovas, überlebte das KZ Ravensbrück.
Deutschlands und in zwanzig Ländern          dort dann nach Riga verschleppt und um-           Rosa Safarowsky geb. Reiff war politisch
Europas diese besonderen Steine. Auch        gebracht. Dasselbe Schicksal erlitten Leo         verfolgt. Sie wurde 1943 „in Schutzhaft
in Nippes.                                   Frank, Josef und Julia Oppen-                     genommen“. In Sachsenhausen kam sie
In der Auguststraße gab es ein Ghetto-       heimer aus der Dormagener                         am 12. März 1945 bei einem Fliegerangriff
haus, in der Sprache der Nazibehörden        Straße, Josef und Bertha Will-                    auf das KZ ums Leben. Ihr Ehemann, der
„Judenhaus“ genannt, in das ausschließ-      ner, geb. Salm und auch Erich                     kommunistische Stadtverordnete Rudolf
lich jüdische Mieter und Untermieter         Emil und Ella Ehrenberg gebo-                     Safarowsky, wurde am 17. März 1943 auf
zwangsweise eingewiesen worden wa-           rene Berlin, die zuletzt auf der                  der Straße „Vor den sieben Burgen“ von
ren. Es war die letzte Wohnung vor der       Neusser Straße lebten, nach                       der Gestapo erschossen. An das Ehepaar
Deportation für Julius und Alice Behrens     Theresienstadt verschleppt                        erinnern Steine in der Thüringer Straße.
                                             und in Treblinka ermordet wurden. In              Der Stolperstein für Albert Tobias, geb.
                                             der Hartwichstraße lebte Heinz Alfred             21.5.1891 in Heimbach, zunächst nach
                                             Gerson. Sein Todesort ist unbekannt.              Litzmannstadt (Lodz), im Mai 1942 nach
                                             1946 wurde er für tot erklärt. Unbekannt          Kulmhof (Chelmno) deportiert und dort
                                             sind auch der Todesort und die Um-                ermordet, existiert nicht mehr. Bei Bau-
                                             stände ihrer Ermordung von jüdischen              oder Straßenbauarbeiten in der Kuen-
                                             Bewohnern der Uerdinger Straße: Josef             straße ist er spurlos verschwunden.
                                             Pinkas und Sara Esther Kuflik geb. Billet,
                                             die Kinder Karl und Reine Gottschalk, die
                                             ebenso wie Edith Gottschalk nach Riga
                                             deportiert wurden. Edith Gottschalk war
                                             die einzige, die überlebte. Wahrscheinlich
                                             ein Ghettohaus existierte in der Wilhelm-
                                             straße. Die Namen hier deuten auf eine
                                             verzweigte Familie hin, die man vor ih-
                                             rer Vernichtung in das Haus gepfercht
                                             hatte: Julius und Hedwig Freund geb.

                                                                                               Am 5. November findet um 14 Uhr eine
                                                                                               Stadtteilführung mit Dr. Walter Schulz
                                                                                               entlang der Stolpersteine statt. Treff-
                                                                                               punkt ist vor dem „Golde Kappes“. Kosten:
                                                                                               9,00/7,00 Euro, Anmeldung erwünscht
                                                                                               unter info@archiv-koeln-nippes.de

                                                                                               www.archiv-koeln-nippes.de

                                                                                                 Quellen:
                                                                                                 - NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
                                                                                                 - Archiv für Stadtteilgeschichte Köln-Nippes
   17   18   19   20   21   22   23   24   25   26   27