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30 Leben
Auf ein Kölsch im Kappes mit Astrid Gloria
Die Komikerin, Kabarettistin und Zauberin eröffnet eigenen Zauberwunderladen
Sie war ein Jahrzehnt lang erfolgreich als Hertha Schwätzig („Das Leben ist hart, aber Der Organisator des Hamburger Kaba-
rett-Festivals verkündete ernsthaft in
ich bin Hertha!“) auf den deutschen Kabarett- und Comedy-Bühnen unterwegs, hat einer Talkshow: Frauen sind nicht lu-
stig! Und Zaubergerätehändler haben
in Kochshows „magisch-vegetarische Gemüsekunde“ vermittelt und eröffnet am 5. mir nichts verkauft, weil Frauen zwar
assistieren, aber nicht selber zaubern
Dezember in Nippes ihren Zauberwunderladen. Denn Astrid Gloria Irmer, Jahrgang könnten. Ich habe es trotzdem einfach
gemacht. Ich war lustig und habe ge-
1966, möchte sich einen „wundervollen Lebensfilm“ drehen. Foto: Biber Happe zaubert und der Erfolg gab mir Recht.
Für Nippes: Astrid, du hast in den 1990er Film vor dem inneren Auge abläuft. Ich Und dann starteten die „Frontfrauen“
Jahren als Kabarettistin und Zauberin habe mir vorgenommen, den tollsten Le- durch, unter anderem begann damals
angefangen. Die ungewöhnliche Kom- bensfilm zu drehen, den ich kriegen kann. auch die Karriere von Gaby Köster.
bination hat mir schon damals gefallen.
Das machte sonst kein Mensch. Da gibt es jetzt schon einiges zu sehen, Die Frontfrauen war ein Zusammen-
denn als Hertha Schwätzig, der zau- schluss von Kabarettistinnen. An das
Astrid Gloria: Zauberei hat mich schon bernden Putzfrau, warst du sehr erfolg- erste Treffen erinnere ich mich noch
immer fasziniert und ich war neun Jah- reich. genau. Denn am selben Tag habe ich
re alt, als ich den Entschluss fasste, Zau- meine Urkunde zum Abschluss meines
berin zu werden. Was damals natürlich Das habe ich mehr als zehn Jahre ge- Magister-Studiums bekommen. Ich
genauso unmöglich schien, wie auf dem macht. Ich habe beispielsweise Män- habe in Hamburg Geschichte und Jour-
Mond eine Frittenbude zu eröffnen. ner zersägt, um aus ihren Eingeweiden nalistik studiert mit dem Schwerpunkt
Frauengeschichte und wollte eigentlich
Was fasziniert dich an der Zauberei? die Zukunft zu lesen oder habe Tische in die Politik gehen. Mit dem Diplom in
schweben lassen, weil das bequemer der Tasche, ging ich zum Treffen und
Es ist der Moment des Wunderns, den ist beim Saubermachen. Aufgetreten lernte Frauen kennen, wie zum Bei-
uns die Zauberei schenkt. Die Zuschau- bin ich regelmäßig im Senftöpfchen, im spiel Lioba Albus, die hauptberuflich
er erleben einen Kunststück, sind völlig Mainzer Unterhaus, beim Quatsch-Co- Kabarett machten und davon sogar
verblüfft, fangen an zu stauen und damit medy-Club und auch bei Rock am Ring leben konnten. Das war für mich wie
öffnet sich ein Tor ins Wundervolle. Ei- im Comedy-Zelt. Diese Bühnenerfah- eine Offenbarung, denn bis dato kann-
gentlich ist das ganze Leben ein Wunder, rung ist Gold wert, wenn ich bei einem te ich nur männliche Bühnenkünstler.
aber wir wissen es erst dann zu schätzen, Kindergeburtstag zaubere und zehn wil- Und so wurde aus der Uniabsolventin
wenn es nicht mehr so richtig funktio- de Mädels oder Jungs vor mir habe. mit Hochbegabtenstipendium eine
niert. Das Staunen über einen Zauber- „zaubernde Putzfrau“. Seit 1993 bin
trick kann einen wieder zurückerinnern. Du gehörtest zu den Pionierinnen in der ich hauptberuflich Künstlerin. Im Jahr
Das Leben ist für mich ein magisches Kabarett- und Comedy-Szene. Vor 25 Jah- 2000 habe ich die „Ladies Night“ im
Geschenk. Von Menschen mit Nahtod- ren fand ein richtiger Aufbruch der Frauen Rahmen des Köln-Comedy-Festivals ins
Erlebnissen weiß man, dass im Sterben statt. Die waren damals im Kabarett eher Leben gerufen, die ich zehn Jahre lang
das eigene Leben noch einmal wie ein nur fürs Singen zuständig und Frauen, die moderiert und organisiert habe.
eigene Texte machten, gab es kaum.
Aber Hertha Schwätzig ist Vergangen-
heit und auch die Kochshows, die du
zehn Jahre gemacht hast, eine Mischung
aus Kochen, Kabarett und Zauberstü-
cken. Jetzt also die Zauberschule.
Ja, jetzt beginnt ein neuer Lebensab-
schnitt. Ich bin über 20 Jahre lang quer
durch die Republik getourt und möch-
te jetzt zu Fuß zur Arbeit gehen, mein
Wissen weitergeben und das Wun-
dervolle erforschen. Frauenpolitisch
muss ich wohl weitermachen, denn im
„Magischen Zirkel von Deutschland“,
der Vereinigung von Zauberkünstlern,
sind nur acht Prozent der Mitglieder

