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40 Leben
Mehr als einmal um die ganze Welt
Klaus Kremer ist seit zehn Jahren Küchendirektor auf der Queen Mary 2
Mindestens zweimal im Jahr zieht es Klaus Kremer zurück nach Nippes, in seine zu pflegen. „Das ist
mir ganz wichtig.
alte Heimat. Dann bereitet der oberste Küchenchef des Kreuzfahrtschiffes Queen Auch die Verbin-
dung zu meinem
Mary 2 im Restaurant Haus Ecker für rund 80 Gäste ein Acht-Gänge-Menü zu. Bruder und meiner
Familie aufrecht zu
Denn Kochen ist für den 51-Jährigen wie das Komponieren von Liedern. Die Mög- erhalten.“
lichkeiten sind grenzenlos. Fotos: Steffi Machnik, Steven Schaarp
„Kochen ist wie Songs schreiben“, sagt vier Küchenchefs. Das Personal stammt Mit 14 Jahren hat Kremer eine Lehre als
der schlanke Chefkoch. „Wie dem Kom- aus 23 Nationen. 2.700 Passagiere pas-
ponist sind auch dem Koch keine Gren- sen auf die Queen Mary 2, die bei ihrer Konditor im Café Janßen in der Altstadt
zen gesetzt.“ Surf and Turf, das Zusam- Taufe vor zehn Jahren das größte, teu-
menbringen von Fisch und Fleisch, habe erste, längste und höchste Passagier- begonnen. „Für die Ausbildung zum
schiff der Welt war. „Sie ist Koch war ich aufgrund der Jugend-
für viele auch der schönste
Ozeanliner aller Zeiten, die schutzbestimmungen noch zu jung.“
neue Königin der Meere“,
sagt Kremer, „auch wenn Nach seinem Abschluss nach drei Jahren
das Schiff mittlerweile in der
ein oder anderen Dimension Lehrzeit hängt er noch die gewünsch-
überholt worden ist.“
te Ausbildung zum Koch an. Er arbeitet
in der „Marienburger Eule“, geht dann
in die Schweiz, nutzt seine Zeit bei der
Bundeswehr, um den Führerschein zu
machen und seine Kameraden zu be-
Seit 26 Jahren arbeitet Kre- kochen, arbeitet anschließend mehr als
mer für die englische Cunard
Reederei, der das Kreuzfahrt- zwei Jahre in Schweden, in Nyköpping
schiff gehört, ist in der Zeit
sechzehnmal um die Welt am Meer. „Wenn die großen Kreuzfahrt-
gereist. „Mein Lieblingsplatz
ist Tauranga in Neuseeland. Ich liebe schiffe im Hafen ankamen, hat es mich
das Land, weil es so abwechslungsreich
ist, und der Ort auf der Nordinsel liegt schon gereizt, damit raus in die Welt
einfach traumhaft am Meer und hat ein
warmes Klima. Da reise ich jedes Jahr zu fahren.“ Er bewirbt sich bei der eng-
hin.“ Tauranga bedeutet in der Maori-
es früher nicht gegeben. „Das ist heute Sprache Ankerplatz oder Rastplatz, aber lischen Cunard Reederei und hat neun
der Renner. Ich kann alle Geschmäcker rasten will Kremer noch lange nicht.
zusammen bringen, so dass sich die Ge- „Ich habe einen fantastischen Arbeits- Tage später das Flugticket nach Barba-
schmackskomponenten des Essens nach platz. Ich wache immer woanders auf.“
und nach im Mund entwickeln. Die Kehr- Die Tage auf See nutzt der Küchen- dos in der Tasche. „Schwedisch habe ich
seite ist natürlich, dass ich alles machen manager auch für den „Schreibkram“,
kann, es aber nicht zusammen passt.“ macht Arbeitspläne und schreibt Doku- damals als junger Mann ziemlich schnell
Doch davor ist Klaus Kremer aufgrund mentationen. Immerhin ist die Queen
seiner jahrelangen Erfahrung gefeit. Je- Mary sieben Tage von New York nach gelernt, Englisch beherrsche ich sowie-
weils vier Monate ist der in Nippes auf- Southampton unterwegs, ihrem Hei-
gewachsene Koch auf See, für zwei Mo- mathafen. „Für mich ist Welt schon klei- so, weil Englisch Bordsprache ist, dazu
nate wohnt er dann wieder in Köln. „Mit ner geworden“, sagt Kremer, „aber man
40 Jahren bin ich erst von zu Hause aus- gibt für den Beruf eine Sache auf, wie kommt Küchenfranzösisch, Deutsch
gezogen“, erzählt Kremer schmunzelnd. ein Seemann.“ Auf eine eigene Familie
musste der Seefahrer verzichten. „Und und natürlich Kölsch.“ Seit 1991 ist Kre-
Er hat sich mittlerweile eine Eigentums- ich habe auch keine Braut in jedem Ha-
wohnung gekauft. „Dort ist die Küche fen, wie vielleicht so mancher denkt,“ mer Küchenchef, seit 2002 Küchen-
größer als das Wohnzimmer.“ Seine El- grinst Kremer. „Aber ich habe mittler-
tern leben immer noch in Nippes. Wäh- weile zahlreiche Stammkneipen über direktor. „Gelassenheit braucht man
rend der Arbeitszeit auf See ist er Chef die gesamte Welt verteilt, wo ich ein-
von 220 Köchen und Hilfskräften sowie kehre, wenn die Queen Mary im Hafen sowieso bei der Arbeit, wenn mehrere
liegt. Diese kurzen Auszeiten genieße ich
sehr.“ Aufgrund des Internets sei es mitt- hundert Essen gleichzeitig fertig wer-
lerweile leichter, Kontakte in die Heimat
den müssen. Dazu muss man schon klar
strukturiert sein.“ Und seine kölsche Ge-
mütlichkeit helfe sowieso. „Und Respekt
erwirbt man sich durch Können beim
Kochen und Anrichten.“ mac
www.kkcooking.de
„Kunst in Nippes ist für mich ...
... die schöne Lich-
terdekoration am
Floraplätzchen.“
Andreas Krämer
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