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Kirche  23

Pionierin vor 50 Jahren

Die erste evangelische Pfarrerin Kölns predigte in Nippes

Frauen im Priestertalar sind in evangelischen Kirchen inzwischen eine Selbstver-
ständlichkeit. Das war vor gar nicht langer Zeit noch anders. Erst 1963 konnte sich
die Rheinische Landeskirche dazu durchringen, Frauen für das Pfarrersamt zuzu-
lassen. Nur ein paar Wochen, nachdem die Regelung gültig wurde, bewarb sich
Ursula Köhler auf eine freie Pfarrstelle in der Gemeinde in Nippes.

„Sie war damit nicht nur die erste Pfar-   Pfarrerin zu werden, stieß bei ihrem         und strukturierte Art betreiben.“ Den-
rerin in unserer evangelischen Gemein-     Vater allerdings auf wenig Gegenliebe,       noch schlich sie sich still und leise ins
de, sondern überhaupt in ganz Köln“ be-    denn er kannte seine Kollegen. „Viele        Gedächtnis der Gemeinde. „Es gibt viele
richtet Bettina Kurbjeweit. Sie ist heute  Theologen waren damals noch vom al-          Menschen, die von ihr getauft oder ge-
                                                                                        traut wurden“, weiß Kurbjeweit. So be-
als Pfarrerin in der Gemeinde Nippes                    ten Schlag und glaubten an      gründete sie in der Gemeinde Nippes
tätig und hatte gemeinsam mit einer                     eine naturgegebene Über-        eine Tradition weiblicher Pfarrer, die bis
Frauengruppe Nachforschungen über                       ordnung des Mannes über         heute lebendig ist. „Inzwischen ist das
das Leben von Ursula Köhler betrieben,                  die Frau“, berichtet Kurbje-    hier so selbstverständlich, dass manche
die vor 50 Jahren ihre Stelle in Nippes                 weit. So musste die erste       glauben, es sei schon immer so gewe-
antrat.                                                 Generation der Pfarrerinnen     sen“, sagt Kurbjeweit
Die Familie stammte aus Wuppertal,                      noch einen hohen Preis zah-
doch der Krieg vertrieb sie nach Ober-                  len. „Für sie galt die Bedin-   1973 verließ Ursula
biber bei Neuwied, wo ihr Vater Pfarrer                 gung, unverheiratet zu blei-    Köhler Nippes, um in
war. Ebenso wie ihre beiden Schwe-                      ben, also nichts anderes als    Bad Neuenahr eine
stern, die Lehrerin und Ärztin wurden,                  ein Zölibat“, führt Kurbjeweit  neue Stelle anzutre-
fand sich Ursula Köhler nicht mit den                   aus. „Außerdem wurden Be-       ten. 1994 wurde sie
Rollenerwartungen ab, die damals an                     werbungen von Frauen nur        pensioniert und ver-
Frauen gestellt wurden. Ihr Wunsch,                     dann berücksichtigt, wenn       brachte ihre letzten
                                                        in einer Gemeinde eine dritte   Jahre bis zu ihrem
                                           Pfarrstelle zu besetzen war.“ In Nippes      Tod 2000 in Oberbi-
                                           war dies damals der Fall und glücklicher-    ber, in der Nähe ihrer
                                           weise traf Köhler auf Gemeindepfarrer        Schwester. „50 Jahre
                                           Friedhelm Boy, der in diesem Sommer          Frauen im Pfarramt
                                           im Alter von 81 Jahren gestorben ist.        haben die Kirche be-
                                           Er war ein aufgeschlossener Theologe,        reichert und das ist auch Ursula Köhlers
                                           offen für ungewohnte Wege. Vor allem         Verdienst“, ist Kurbjeweit überzeugt. md
                                           dank seiner Fürsprache und der seiner
                                           Frau Martha, konnte Köhler im Oktober
                                           1963 in Nippes anfangen.

                                           Zehn Jahre blieb sie. „Es gibt wenig
                                           Spektakuläres aus ihrer Amtszeit zu
                                           berichten“, sagt Kurbjeweit. „Sie hat
                                           die Seelsorge auf sehr sachliche, ruhige
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