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22 ... aus der Geschichte von Nippes

Wohnungsbau vor 150 Jahren – Teil 1

Wohnungsbau in Nippes ist ganz aktuell wieder ein Thema mit der Umnutzung                Die Eisenbahnwerkstätten, gegründet
des Clouth-Geländes. In unserer beliebten Serie „…aus der Geschichte von Nippes“         1860, investierten von Anfang an in
geht das Archiv für Stadtteilgeschichte der Frage nach, wie der Wohnungsbau vor          den Wohnungsbau für die Arbeitneh-
mehr als hundert Jahren begonnen hat als Nippes noch zur Bürgermeisterei Lon-            mer. So entstand das „Sechzigviertel“,
gerich im Landkreis Köln gehörte.                                                        ein Wohngebiet unmittelbar neben
                                                                                         dem Werk. Der Name geht zurück auf
Im 19. Jahrhundert waren die Wohn- Wohnungen zu bauen. Unternehmer,
                                                                                         Sechzigstraße, Südseite: „Werkmeisterhäuser“,
verhältnisse von Industriearbeitern oft die entsprechende Mittel aufbringen              erbaut durch das Eisenbahn-Ausbesserungswerk

ganz erbärmlich. In feuchten, kalten konnten und sich von einer besseren                 den Verkauf von 60 Morgen Land des
                                                                                         Rüsseler Hofes an die Rheinische Ei-
Wohnungen hausten meist die Arbeiter- Unterbringung auch gesündere und                   senbahngesellschaft. Bis zur Jahrhun-
                                                                                         dertwende ist der Name Sechzigviertel
familien. Vor allem die hygienischen Ver- leistungsfähigere Arbeitskräfte verspra-       auch in den Straßenkarten von Köln
                                                                                         verzeichnet. Der Ausbau der „Zentral-
hältnisse waren katastrophal. Kanalisa- chen, begannen den Wohnungsbau au-               werkstätten“ bis 1877 brachte über 500
                                                                                         Beamte und Angestellte nach Nippes,
tion und Wasserleitungen gab es kaum. ßerhalb der Innenstädte. Mit dem Bau               für die zunächst kaum genügend Wohn-
                                                                                         raum vorhanden war. Die Bevölkerung
Sickergruben hielten nicht dicht und ver- von Häusern für Belegschaftsmitglieder         wuchs von 1861 bis 1888 von 4.244 auf
                                                                                         mehr als 9.930 Einwohner. Die private
dreckten das Grundwasser, Hausabfälle begann in Nippes die Zuckerraffinerie J.           Bautätigkeit konnte damit nicht Schritt
                                                                                         halten, zumal die Unternehmer ihr Ka-
                                                               J. Langen & Söhne.        pital nur in begrenztem Maß in Werks-
                                                                                         wohnungen investierten. Nach der Ein-
                                                               Bis Ende 1895 er-         gemeindung 1888 gab es in der neuen
                                                                                         Vorstadt Nippes eine weitere Zunahme
                                                               richtete sie meh-         von Gewerbebetrieben und der Bedarf
                                                                                         an Wohnungen stieg. Da erwies es sich
                                                               rere Häuser an            als positiv, dass Bürgermeister Wilhelm
                                                                                         Eich sehr weitsichtig bei den Eingemein-
                                                               der Mauenheimer           dungsverhandlungen Anschluss an die
                                                                                         Wasserversorgung und Kanalisation
                                                               Straße und an der         durchgesetzt hatte.

                                                               Merheimer Straße          Kathi Bücken
                                                                                         www.archiv-koeln-nippes.de
                                                               für insgesamt 24
                                                                                          Sehenswert: Das Archiv für Stadtteil-
                                                               Familien. Bei der          geschichte hat eine Ausstellung zum
                                                                                          Thema „125 Jahre Eingemeindung zur
                                                               Gummiwarenfab-             Stadt Köln - Von der Bürgermeisterei
                                                                                          Longerich zum Stadtbezirk“ zusam-
                                                               rik Clouth gab es          mengestellt. Zu sehen vom 10. Dezem-
                                                                                          ber bis 10. Januar im Bezirksrathaus.
                                                               anscheinend zu-

                                                               nächst Schwierig-

                                                               keiten. Die Firmen-

                                                               leitung schrieb im

                                                               Dezember 1895 an

                                                               den Kölner Ober-

                                                               bürgermeister,

Eisenachstraße, Ostseite: Genossensachaftshäuser, erbaut 1903  dass das Interesse
                                                               an den in der Nip-

landeten auf der Straße oder in Bächen peser Nordstraße erbauten Arbeiter- und

und Flüssen und wurden immer wieder Meisterwohnungen nicht groß sei und

auf das Ufergelände gespült. Krätze, man deshalb gezwungen sei, Bauplätze

Pocken, Cholera und Tuberkulose wa- dort wieder zu verkaufen. Selbst einige

ren Volkskrankheiten, an denen jährlich Meister hätten bald wieder die Woh-

hunderttausende Menschen starben. nungen verlassen und seien in engere

Auf 18 bis 25 Quadratmeter lebten durch- und primitivere Wohnungen umgezo-

schnittlich fünf bis zehn Personen. Wenn gen. Der Grund dürfte das Misstrauen

eben möglich, suchten die Familien

Wohnungen nahe ihrem Arbeitsplatz,

um nicht stundenlange Wege zur Arbeit

in Kauf nehmen zu müssen. Lieber zo-

gen sie öfter um, immer der Arbeit nach.

Um die Miete zahlen zu können, nahm

man trotz beengter Wohnverhältnisse

auch noch Kost- und Schlafgänger auf,

die gegen geringe Miete eine Schlafgele-

genheit in der Wohnung bekamen oder

sogar beköstigt wurden.                   Häuser der „Clouth-Siedlung“, erbaut ca. 1950

Als Ausweg aus dieser Situation bot der Arbeiter gegenüber dem sehr selbst-
sich an, in den Vorstädten, meist in der herrlich auftretenden Unternehmer ge-
Nähe der Fabriken, neue und bessere wesen sein.
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