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Bildung 7
Wie klappt´s mit dem gemeinsamen Lernen?
Leiter der Nordpark-Schule sieht große Hindernisse bei Umsetzung der inklusiven Schule
Es ist die große Aufgabe der NRW-Schulministerin Silvia Löhrmann, Kindern mit
Behinderung den Besuch einer allgemeinbildenden Schule zu ermöglichen. Peter
Kremer, Leiter der Nordpark-Schule in der Kretzerstraße, sieht die Umsetzung des
UN-Vertrages und des inklusiven Schulsystems kritisch.
„Der Grundgedanke der Inklusion ist si- Schon der Personalschlüssel macht deut- Kindern zwei Lehrer unterrichten. Doch
cherlich richtig“, sagt Kremer, „aber wie lich, dass die Klassen nur halb so groß auch Ministerin Löhrmann gibt zu, dass
wir das gemeinsame Lernen von Kinder sind wie an anderen Schulen, durch- Sonderpädagogen für diese Aufgabe zur-
zeit noch fehlen. „Das sehe ich als ganz
mit und ohne Behinderung in Regelschu- schnittlich mit großes Problem“, sagt Kremer. „Unsere
len umsetzen, ohne Abstriche an der Qua- 15 SchülerInnen Schülerinnen und Schüler fühlen sich bei
lität der bisherigen Förderung zu machen, besetzt. Kleine uns sehr wohl, für sie ist es ein zweites
da fehlt mir noch die Vorstellungskraft.“ Lerngruppen, die Zuhause, das sie auffängt und emotio-
Seit 2001 leitet der Pädagoge die Förder- von Klassenleh- nale Sicherheit gibt“, sagt Kremer. „Hier
schule Lernen in der Kretzerstraße, die rern unterrichtet haben sie einen geschützten Raum, der
werden, bieten die in den Regelschulen noch nicht für alle
Kinder und Jugendliche besuchen, die Möglichkeit von gegeben ist.“
aufgrund von Wahrnehmungsstörungen, Nähe, Sicherheit
Intelligenzminderung oder Entwicklungs- und Stabilität, die Zukünftige Planungen
verzögerungen auf Regelschulen nicht die Kinder in be-
mitkommen würden. 153 SchülerInnen sonderem Maße Das Schuldezernat ist aber schon einen
werden von 24 LehrerInnen unterrichtet. brauchen. Hier
Zum Team zählen noch eine Schulsozial- gilt nicht ein Cur- Schritt weiter und schreibt im Schulent-
arbeiterin, ein Lehrer für herkunftssprach- riculum, das vor-
lichen Unterricht, eine Sprachtherapeutin, schreibt, was ein wicklungsplan: „Die Verwaltung nimmt
ein Handwerksmeister und insbesondere Kind wann können
auch zahlreiche außerschulische Organi- muss, sondern individuelle Förderung an, das Förderschulen Lernen im Zusam-
sationen, die die sonderpädagogische steht im Vordergrund. Jedes Kinder auf
Förderung maßgeblich unterstützen. der Förderschule hat sein individuelles menhang mit der Inklusionsentwicklung
Curriculum, seinen Förderplan. Viel Wert
wird neben dem Ziel der selbständigen und aufgrund eines entsprechenden El-
Lebensführung auf den Übergang von
Schule in den Beruf gelegt. Denn „zur ternwahlverhaltens mittelfristig auslau-
Würde des Menschen zählen auch seine
beruflichen Chancen“, sagt Kremer. fen werden. Der Standort Kretzerstraße
Qualitäten erhalten am nördlichen Rand des Clouth-Gelän-
„Diese Qualitäten, die sich das Förder- des soll dann als Grundschulstandort
schulsystem in den vergangenen 60
Jahren erworben hat, dürfen in der in- genutzt werden.“ mac
klusiven Schule nicht verloren gehen“,
betont Kremer. Zwar ist geplant, dass UN-Konvention
pro zehn Kinder mit Förderbedarf Ler-
nen in einer Klasse ein Sonderpädagoge Der Aufbau eines inklusiven Schulsy-
in der Regelschule zur Verfügung steht, stems wird im „Übereinkommen der
so dass in den Klassen mit behinderten Vereinten Nationen über die Rechte
der Menschen mit Behinderungen“
gefordert. Diesem Abkommen ist die
Bundesrepublik Deutschland 2009
beigetreten. Im Dezember 2010 hat
der nordrhein-westfälische Landtag
der Umsetzung auch formal zuge-
stimmt. Die Landesregierung hat im
November 2012 einen Referentenent-
wurf für ein geändertes Schulgesetz
zur Umsetzung der UN-Behinderten-
rechtskonvention vorgelegt. Geplant
ist, das Gesetz im November 2013 in
Kraft treten zu lassen.

