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26 Leben
Auf ein Kölsch im Kappes mit Fritz Schramma
Der ehemalige Kölner Oberbürgermeister wurde vor 65 Jahren in Nippes geboren
Es war ein kleines Heimspiel für Fritz Schramma. Der Köbes machte den ehema- Klingt nach einem vollen Terminkalen-
ligen Kölner Oberbürgermeister kurzerhand zum Bürgermeister von Nippes und der.
zahlreiche Bürger freuten sich, Schramma wieder mal in seiner alten Heimat zu
sehen. Er wurde 1947 in der Baudristraße geboren. Ich habe schon jeden Tag drei oder vier
Anfragen, aber ich genieße jetzt die
Für Nippes: Herr Schramma, welche Be- lag damals noch in Trümmern und so Freiheit, meinen Kalender selbst zu ge-
ziehung haben Sie noch zu Nippes? Sie ungefährlich war es ja nicht, wenn wir stalten und nicht mehr so eng in Ver-
sind 1961 mit ihrer Familie weg gezogen. dort rumgeturnt sind. pflichtungen eingebunden zu sein. Und
ich freue mich, häufiger zusammen mit
meiner Frau gesellige Veranstaltungen
besuchen zu können.
Wie betrachten Sie jetzt, mit zeitlichem
Abstand, die Jahre als Oberbürgermei-
ster?
Ich habe schon vor, die knapp zehn Jahre
(Schramma war Oberbürgermeister von
2000 bis 2009, Anmerk. d. Red.) zu doku-
mentieren, allerdings erst, wenn der Ar-
chiveinsturz gerichtlich abgeschlossen
ist. Es war schon eine spannende Zeit,
die erste Dekade im neuen Jahrtausend.
Wir hatten die Fußball-WM, den Weltju-
gendtag, der Rheinauhafen entwickelte
sich. Es war eine richtige Aufbruchsstim-
mung nach der Jahrtausendwende, die
man ja doch mit einem etwas mulmigen
Gefühl erwartet hatte.
Fritz Schramma: Ich habe natürlich noch Seit 2009, seit dem Ende Ihrer Amtszeit, Das klingt nach einer positiven Bilanz.
viele schöne Kindheitserinnerungen sind Sie im Ruhestand. Ist das eher ein
und komme immer wieder gerne nach Unruhestand? Ich bereue keinen Tag. Ich habe das Amt
Nippes. Helmut Bär, der Sohn vom Metz- als ´kölsche Jung` sehr gerne wahrge-
germeister, war mein Schulfreund und Nein, denn ich hatte sowieso nicht ge- nommen. Es war Geschenk und Aufgabe
rund um die Baudristraße war das Zen- plant, jeden Abend vor dem Fernseher zu zugleich, es war die totale Verantwor-
trum unserer Aktivitäten. Wir haben uns sitzen. Ich führe zahlreiche Ehrenämter tung, denn du bist für alles zuständig,
getroffen, wenn ich noch an den Haus- fort aus meiner Zeit als Oberbürgermei- angefangen vom Kanaldeckel über
aufgaben saß und er noch keine ge- ster wie beispielsweise an der Universi- Kleingärten und Kindergarten bis zur
macht hatte. Deshalb klingelte Helmut tät und der Fachhochschule, bin auch Stadtentwicklung. Und am Ende stehst
immer früher bei mir. in karitativen Stiftungen wie der Rhein- du vor diesem Schuttberg, der einmal
energie-Familienstiftung und habe nach das Stadtarchiv war.
Und dann ging es raus auf die Straße? dem Unfalltod unseres Sohnes 2001 die
Opferhilfe Köln gegründet. Daraufhin haben Sie nicht mehr für eine
Ja. Unten bei uns im Haus gab es eine zweite Amtszeit kandidiert, wie Sie das
Spedition und die hatten noch Pferde eigentlich vor hatten?
und einen Planwagen. Unter der Plane
haben wir uns häufig versteckt und sind Ja, und diese Entscheidung ist mir da-
dann einfach mitgefahren. Am Ziel ir- mals schwer gefallen, denn eine wei-
gendwo in Köln sind wir unbemerkt wie- tere Amtszeit konnte ich mir schon gut
der ausgestiegen und mussten dann se- vorstellen. Aber heute weiß ich, dass die-
hen, wie wir wieder nach Hause kamen. se Entscheidung genau richtig war. Ich
Das war natürlich ein tolles Abenteuer. habe im März 2009 symbolisch die Ver-
Navigationsgeräte gab es ja noch nicht. antwortung für den Einsturz des Stadt-
1953 wurde ich dann in der Volksschule archivs übernommen, aber das war kein
Steinbergerstraße eingeschult. Vieles Eingeständnis einer Schuld.

