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28 Schaufenster Bilderstöckchen
Feuer und Flamme für ein aussterbendes Handwerk
Luigi Lotito ist Inhaber einer der wenigen Kunstgießereien in Köln
Seit 1972 hat die Kunstgießerei Lotito ihren Sitz an der Escher Straße, gegründet
wurde sie 1963 von Guiseppe Lotito in Nippes an der Neusser Straße. Noch fer-
tigt sein Sohn Luigi, Inhaber seit 1995, Bronzegüsse im Auftrag von Künstlern und
Kirchengemeinden an, aber einen Nachfolger hat der 60-Jährige nicht. Es ist ein
aussterbendes Handwerk. Fotos: Steffi Machnik
Wer von der Straße durch die Holz- Grad zu schmelzen. Es ist heiß. Vier Män- einem Kern aus Schamotte die spätere
tür den Hof und die dahinter liegende ner sind nötig, das flüssige Material aus Gussform ergibt. Dieser Abdruck muss
große Werkstatt von Luigi Lotito betritt, dem Schmelztiegel in die vorgefertigten genau dem Original entsprechen. „Dafür
begibt sich auf eine Zeitreise und landet Formen zu gießen. Das ist ein Kraftakt. muss man Fingerspitzengefühl haben,
in einer völlig anderen Welt. Die Räume Kommandos und Zurufe erfolgen in ita- bildhauerische Kenntnisse und mitden-
ken, um das in Bronze wiederzugeben,
mit den rauen Wänden sind staubig, ein lienischer Sprache. was der Künstler sich vorgestellt und be-
Arbeitsplatz ist übersät mit Resten von „Früher haben wir absichtigt hat“, erklärt Lotito. Nach dem
schwarzem Wachs, gegenüber steht die alle drei Wochen
lebensgroße Figur „Die Frau“ des Künst- gegossen, heute Guss muss die Bronze zwei bis drei Tage
lers Gautam als Vorlage für den jüngsten nur noch alle vier abkühlen und wird dann aus der Form
Guss und neben einer Werkbank wartet bis fünf Wochen“, genommen. Danach beginnt das „finish“,
die fertig gestellte Figur ein junges Mäd- erklärt Luigi Lotito, die anschließende Feinarbeit. Mit einem
chen aus Bronze darauf, abgeholt zu wer- der noch zwei Mit- Sandstrahl wird zuerst die Schamotte
den. In Nebenräumen stapeln sich Guss- arbeiter beschäf- entfernt. Große Skulpturen werden aus
formen aus hellem Schamotte neben tigt. 1963 gründe- mehreren Teilen gegossen und anschlie-
kleinen Figuren aus Gips oder Plastilin. te Vater Guiseppe ßend zusammengeschweißt. Diese Stel-
Wenn ein Guss ansteht, faucht der Ofen die Werkstatt für len müssen nachträglich so bearbeitet
im Keller lautstark, um die Bronze – ein Kunstwerke aus werden, dass keine Nähte zu sehen sind.
Gemisch aus Zink und Kupfer – bei 1.500 Bronze im Wachs- Zudem ist die Bronze nach dem Guss so
schmelzverfahren hell wie ein neues Cent-Stück und wird
zusammen mit noch patiniert, um den typisch dunklen
Luciano Polzoni. Bronzeton zu erhalten. „Mir macht die
Sie befand sich bis Arbeit Spaß, weil sie so abwechslungs-
1972 an der Neusser Straße in Nippes,
dort, wo heute das Firmengelände von
Auto-Strunk ist. Die beiden Männer hat-
ten als italienische Gastarbeiter in einem
Stahlwerk in Düsseldorf gearbeitet und
sich dort kennengelernt. „Der Vater von
Luciano, Aldo Polzoni, hat mir alles beige-
bracht“, sagt Lotito. Denn ein Lehrberuf
ist der Bronzegießer nicht. Erfahrung und
Kenntnisse werden von einem Handwer-
ker an den anderen weitergegeben.
„Die Anfertigung eines Bronzegusses
braucht Zeit und Geduld“, erklärt Lotito.
„Mit sechs bis acht
Wochen müssen
die Auftraggeber
rechnen.“ Denn
von der Vorlage,
die der Künstler
aus Gips, Ton oder
Wachs hergestellt
hat, wird zuerst
aus schwarzem
Wachs ein Ab-
druck hergestellt,
der zusammen mit