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22 ... aus der Geschichte von Nippes
Die katholischen Kirchengemeinden:
St. Heinrich und Kunigund
Nippes hatte um 1807 nur 273 Einwohner. Diese mussten über den Niehler Kirch-
weg einen einstündigen Fußweg zu ihrer Pfarrkirche, dem Niehler Dömchen – heute
Alt St. Katharina – zurücklegen. Mit zunehmender Industrialisierung boten sich für
den Bau größerer Fabriken wie Clouth, die Auer-Mühle oder das Eisenbahnausbes-
serungswerk die um Köln liegenden Vororte wie Nippes an. So zählte Nippes 1861
bereits 1.424 Einwohner. Eine eigene Pfarrkirche war notwendig. Fotos: Biber Happe
Der Architekt und Dombaumeister Vin- Kaufhof als Lagerhalle. 1932 überlegte haus in der Eintrachtstraße, heute Kardi-
zenz Statz plante und erbaute eine kleine man sogar, sie wegen ihres schlechten nal-Frings-Straße, das 1978 abgerissen
neugotische Kirche an der Mauenheimer baulichen Zustandes abzureißen. Nach der wurde; der Hochaltar und das hängende
Straße. Grundsteinlegung war am 1. Mai Kriegszerstörung der „Marien-Kirche“ 1943 Kreuz kommen aus einer kleinen Geburts-
1850, die Fertigstellung erfolgte 1852. Die nutzte man die Kreuzkapelle bis zu ihrer klinik geführt von Zisternienserinnen in
erste Nippeser Kirche hieß „Maria Him- Kriegsbeschädigung am 28. Oktober 1944 Zündorf, die aufgegeben wurde; die Fen-
ster aus einem Waisenhaus in Eupen, das
melfahrt“. Da die Gemeinde kein Geld wieder als Pfarrkirche. Danach geschlossen wurde; das Taufbecken, das in
für einen eigenen Pfarrer hatte, lasen die wurden die Sonntagsmessen der Vorgängerkirche von St. Engelbert in
ansässigen Jesuiten ab 1854 die Sonntags- in der Kapelle des St Vinzenz- Riehl als Blumenständer benutzt wurde;
messen. Als erster Pfarrrektor wurde An- Krankenhauses gelesen. Ab die beiden Plastiken von Maria und Josef
fang 1858 Hubert Weißhaupt eingestellt. 1949 - St. Marien konnte wie- im Querschiff links und rechts von einem
Die Erhebung zur Pfarrkirche erfolgte der genutzt werden - diente ehemaligen Waisenhaus in Bonn; den ba-
Ende 1858. Durch die fortschreitende In- die Kreuzkapelle als Versamm- rocken Kerzenständer vor der Mariensta-
dustrialisierung wuchs die Bevölkerung lungsort, für Theaterauffüh- tue aus Zons. Die Barockfigur des Judas
weiter sprunghaft an. Die Kirche wurde rungen, Karnevalssitzungen Thaddäus rechts am Weihwasserbecken
bald zu klein, sodass bereits 1880 über und Sportveranstaltungen. wurde aus privaten Spenden finanziert.
eine größere Kirche nachgedacht wurde. Das Ambo, die „Kanzel“, ist ein Werk von
Am 19. November 1882 konnte die neue Am 27. Mai 1958 wurde Kaplan Egino Weinert. Der „Volksaltar“ in der Vie-
Kirche am Baudriplatz eingeweiht wer- Dahmen aus Weidenpesch rung wurde von einem Handwerker in der
den. Sie wurde nun zur Pfarrkirche und zum 1. Rektoratspfarrer er- Gemeinde aus der ehemaligen Kommuni-
hieß deshalb „St. Maria Himmelfahrt“. nannt. Die Pfarre wurde neu onbank gebaut .Die barocken Figuren der
Die alte Kirche wurde in „Kreuzkapelle“ eröffnet. Unter Pfarrer Dahmen erhielt heiligen Kunigunde und des heiligen Hein-
umbenannt und nur noch für Schulgot- die Kirche einen neuen Namen: „St. Hein- rich hatte noch Pfarrer Dahmen in Bam-
tesdienste des Gymnasiums genutzt. rich und Kunigund“ – benannt nach Kaiser berg erworben. Die Abendmahlszene ist
Von 1927 bis 1943 diente die Kapelle dem Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde, die im das einzig erhaltene Teil aus dem Hochal-
11. Jahrhundert lebten und in Bamberg be- tar der zerstörten Marienkirche. Das Halb-
graben sind. Pfarrer Dahmen war bis 1963 relief wurde gerettet
in Nippes tätig. Danach verwaltete Pfarrer und hing jahrelang
Loers von St. Marien auch die Kapelle. Am im alten Pfarrhaus.
1. November 1970 wurde Wolfgang Becker, Der barocke Wand-
der mit Heinrich Haas die Pfarrei über- teppich hinter dem
nommen hatte, Pfarrer von St. Heinrich Taufbecken zeigt
und Kunigund. Pfarrer Becker wollte die die Grablegung und
Kapelle wieder im alten neugotischen Stil Auferstehung Jesu.
erstrahlen lassen. Er konnte den Diözesan-, Die Orgel ist zirka 1978 oder 1979 „neu“
den Stadt- und den Landeskonservator für angeschafft worden. Rechts im Eingang
diese Idee begeistern. Viele private Spen- hängt in der winzigen Bittkapelle das Bild
der griffen ebenfalls tief in ihre Taschen. der Gottesmutter als „Immerwährende
Hilfe“, eine private Spende. Es lohnt sich,
Wenn man heute die Kapelle St.Heinrich die Kirche am Schillplatz und ihre Kunst-
und Kunigund betritt, hat man den Ein- objekte vor diesem Hintergrund neu zu
druck, alles passt und gehört zueinander, erleben.
alles erscheint wie aus einem Guss. Pastor
Becker hat sich aufmerksam nach der pas- Felicitas Vorpahl-Allweins
senden Einrichtung umgesehen und hat- www.archiv-koeln-nippes.de
te dabei eine glückliche Hand. Er erwarb
30 Kirchenbänke aus der Pfarrkirche in Quellen:
Burscheid, die modernisiert wurde; den - 125 Johr uns Kirch 1852 – 1977 - St. Heinrich und
Kreuzweg aus dem ehemaligen Kranken-
Kunigund
- Interview Pastor Wolfgang Becker

