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„Der Kornbrenner bleibt in seinem Charakter erhalten“

Lydia und Patricia Robinson schließen das Traditionslokal – Brauerei Sünner eröffnet neu

Der gute alte „Kornbrenner“, von seinen Stammgästen gepriesen als „zweites                    bundenen Investitionskosten seien ihr zu
                                                                                              hoch, sagt die Mutter eines erwachsenen
Wohnzimmer“, schließt Ende September. Juniorchefin Patricia Robinson hat den                  Sohnes: „Allein kann ich die laufenden Ko-
                                                                                              sten, unter anderem fürs Personal, nicht
Pachtvertrag mit der Sünner Brauerei gekündigt. Ihre Mutter Lydia kann aus ge-                tragen.“ Und überhaupt: „Die normale
                                                                                              Veedelskneipe stirbt“, findet die 55-Jährige
sundheitlichen Gründen nicht mehr im Lokal mitarbeiten. Doch Christian Hagl, Pro-             und erinnert sich wehmütig an bessere
                                                                                              Zeiten - an turbulente Karnevalstage, an
kurist der Firma Sünner, verspricht: „Wir werden die Gaststätte mit Fingerspitzen-            denen die Hütte
                                                                                              regelmäßig voll bis
gefühl renovieren, dabei in ihrem Charakter erhalten und mit einem neuen Pächter              zum Anschlag war.
                                                                                              Und an regelmä-
wieder eröffnen.“ Ein Termin steht allerdings noch nicht fest.  Fotos: Biber Happe            ßig auftauchende
                                                                                              Gäste, die sich am
In der kölschen Weetschaff, zu Beginn         cia Robinson möchte einige der Requisiten       Tresen trafen oder
des vorigen Jahrhunderts von Theodor          verkaufen, eine Abnehmerin für die Pup-         zum Essen kamen,
Töller samt „Dampf-Kornbranntwein-            pen ist eine Kunstwissenschaftlerin. „Sie       „wo der eine dem
Brennerei“ in der Neusser Straße eröff-       sollen Bestandteile des Kölner Krippen-         anderen in Notla-
net, scheint die Zeit stehengeblieben zu      wanderwegs werden. So spielt der ‘Kor-          gen half und viel
sein. Wer durch die dunkle Schwingtür         ni’ auch künftig eine Rolle in der Kölner       gelacht“ wurde. Im „Korni“ fanden sich
                                                                                              auch Promis ein. Besonders vermisst Pa-
                                                                          Kulturgeschichte“,  tricia den Nippeser Kabarettisten Heinrich
                                                                          meint „Patty“ und   Pachl, der vor einigen Jahren starb.
                                                                          lächelt.
                                                                                              Die derzeitige Situation schätzt die Brau-
tritt, blickt auf den gut erhaltenen grü-                                 Sünner will die     erei Sünner als Besitzerin des Hauses
nen Kachelofen, das prächtig verspiegel-                                  frisch getünchten   anders ein. „Wir haben zwei bis drei
te Buffet, den hölzernen „Beichtstuhl“,                                   Wände des „neu-     ernst zu nehmende Interessenten. Sie
die bleiverglasten Fenster und die Hän-                                   en“ Kornbren-       verfügen über unternehmerisches Wis-
neschen-Puppen in den Nischen der Em-                                     ner vornehmlich     sen, Know-how in der Gastronomie und
pore. Von der hohen Decke baumeln al-                                     mit historischen    können gute Konzepte vorweisen“, sagt
lerlei Musikinstrumente, an den Wänden                                    Schwarz-Weiß-       Hagl. Bei derartigen Voraussetzungen
hängt eine bunte Sammlung von Sensen,                                     Fotos schmücken.    könne ein Lokal wie der „Kornbrenner“
Sägen, Harken, Kaffeemühlen und Zigar-                                    Ob darunter auch
renbrettern, sowie über dem Gang zur                                      die „Visitenkarte“  erfolgversprechend weiter geführt wer-
                                                                          des Traditions-     den. Gute Erfahrungen habe man nach
Küche die Holzfigur eines Nachwächters.                                   lokals sein wird    der Renovierung des „Bieresel“ in der City
Die Einrichtung gehört teils Mutter und                                   - ein Motiv von     und des „Walfisch“ in der Altstadt ge-
Tochter Robinson, teils der Brauerei. Patri-  1910, das Inhaber und Bedienstete aus           macht. Beide Gaststätten seien jeweils
                                              den Anfangsjahren vor der Kneipe zeigt          mit sechsstelligen Euro-Beträgen reno-
                                              - muss die Firma noch mit Patricia Ro-          viert worden. Mit einer solchen Summe
                                              binson klären. Ein Stammgast hatte ihr          rechnet Hagl auch bei der Renovierung
                                              das Foto geschenkt. Er ist der Enkel eines      des „Kornbrenner“. „Wir müssen die
                                              Postboten, der ebenfalls auf dem alten          Küche komplett erneuern, die gesamte
                                              Bild zu sehen ist.                              Elektrik in dem Lokal sowie die Installa-

                                              Im Jahre 1980 hatten Rudi und Lydia Ro-
                                              binson den Kornbrenner von Else Gärtner
                                              übernommen. Als ihr Vater ein Jahr spä-
                                              ter plötzlich starb, musste Tochter Patri-
                                              cia, die nach dem Abitur Hotelfachfrau
                                              werden wollte, ihre Mutter unterstützen.
                                              Lydia Robinson, gelernte Rechtsanwalts-
                                              gehilfin, sattelte auf Köchin um und war
                                              fortan als gestandene Wirtin die gute See-
                                              le des Kornbrenner. Schon vor einiger Zeit
                                              trat Patricia in ihre Fußstapfen; die Mut-
                                              ter (75) ist jetzt noch für die Buchhaltung
                                              zuständig. In ihrer Wohnung oberhalb
                                              der Kneipe kann sie auch in Zukunft blei-
                                              ben. Zwar wäre es für Patricia Robinson
                                              möglich gewesen, die Konzession auf sich
                                              übertragen zu lassen, doch die damit ver-
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