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28 Leben

Auf ein Kölsch im Kappes mit Brigitte Rüntz

Laden, Malschule, eigenes Atelier – Künstlerin ist bekannt wie ein „bunter Hund“ in Nippes

Das Kölsch war ein Weißwein, weil Brigitte Rüntz allergisch auf Gerste reagiert.             der, was ich kann, und was ich will in
                                                                                             meinem Leben. Kunst eben.
Aber sonst hat die gebürtige Leverkusenerin nichts an Köln auszusetzen. Schließ-
                                                                                             Du hast zwar Kunst auf Lehramt stu-
lich hatte die Malerin, die noch bei Joseph Beuys in Düsseldorf Kunst studierte,             diert, aber den Beruf nicht dauerhaft
                                                                                             ausgeübt. Warum?
schon ihr erstes Atelier vor mehr als 30 Jahren in Nippes.	  Foto: Andreas Ziemer            Ich bin damals in Latzhosen zu meiner
                                                                                             ersten Stelle gegangen, in ein konserva-
Für Nippes: Brigitte, Malerei ist eine alte  hinaus Freude, die eigenen Fähigkeiten          tives Gymnasium in Bergisch Gladbach.
Kunst. Ist sie heute, in unserer digitalen   und Fertigkeiten weiterzuentwickeln.            Das hat nicht gut harmoniert, und nach
Welt, noch zeitgemäß?                        Ich schaue immer, wo ich noch was ler-          einem Jahr habe ich das Handtuch ge-
                                             nen kann.                                       worfen, mir ein Atelier gesucht und
Brigitte Rüntz: Malerei ist konventionell,                                                   habe gejobbt, um finanziell über die
aber ich stehe dazu, dass ich Zeichnerin     Du bist seit mehr als 30 Jahren Künstlerin      Runden zu kommen. Damals lebte ich
und Malerin bin. Konzept- oder Medi-         in Nippes. Was hat sich in den zurücklie-       in einer Wohngemeinschaft im Ber-
enkunst sind nicht meine Welt, und die       genden Jahren verändert?                        gischen, auf dem Land. Wir hatten
                                                                                             ein Schaf, und das Gras habe ich mit
Malerei ist immer noch ein wichtiger                                    Ganz gravierend      der Sense geschnitten. Wir haben de-
Zweig der Kunst, der mich die letzten                                   war der Weggang      monstriert, ich war bei der Besetzung
Jahre immer mehr beschäftigt hat. Ich                                   der Künstler vom     des Stollwerck-Geländes dabei und bin
besuche Ausstellungen und Messen und                                    Clouth-Gelände,      nach La Gomera gereist. Ich war ge-
auf der Art Fair beispielsweise sieht man                               als die Sanierung    prägt von der damaligen Zeit.
zu Zweidrittel Malerei. Technik und Mo-                                 begann. Vorher
tive verändern sich, es gibt beispielswei-                              war es eine wun-     Stand die Malerei da schon im Vorder-
se Einflüsse aus Asien. Aber die Malerei                                derbare Zeit. Wäh-   grund für dich?
bleibt.                                                                 rend der offenen     Nicht die Acrylmalerei. Ich habe Porzel-
                                                                        Ateliers im Herbst   lan und Keramik bemalt und auf Märk-
Was fasziniert dich daran?                                              hat es immer ge-     ten und bei Ausstellungen verkauft.
Die Möglichkeit, in eine andere Welt ab-                                brummt in Nippes.    Studienfreunde aus Düsseldorf waren
tauchen zu können. Es entstehen Motive                                  Die Besucher sind    schon lange nach Köln orientiert, und
in meinem Kopf, die ich dann auf die                                    in Scharen auf das   so bin ich hierhin gekommen, wohne
Leinwand bringen kann. Auch wenn es                                     Fabrikgelände ge-    schon seit mehr als 30 Jahren in der
schwierige Situationen im Leben gibt,                                   strömt, aber auch    Cranachstraße. Beruflich habe ich ein
kann ich eine eigene Welt erschaffen.                                   in andere Ateliers.  paar Umwege gemacht, bis ich wieder
Ein Mix aus aufgesogenen Eindrücken                                     Ich habe so viele    bei der Malerei gelandet bin.
von überall und Studien in der Natur         Künstler kennengelernt. Großer Fan bin
entsteht, kombiniert zu neuen Zusam-         ich von Brigitte Reisz und Michael No-          Wie kam es dazu, dass du vor 15 Jahren
menhängen, teilweise auch zu etwas,          wottny.                                         die Malschule eröffnet hast?
was es in Wirklichkeit gar nicht gibt.                                                       Ich wollte einen Ort der Begegnung
Deshalb sind meine Bilder manchmal           Viele Künstler kennen dich auch als Ge-         für Menschen schaffen, die sich auf
sehr fantastisch. Und es macht darüber       schäftsfrau. Du hast im Rahmengeschäft          den Weg zur Kunst machen. Zunächst
                                             Krähmer in der Blücherstraße gearbeitet,        wurden den Kunden besondere Farben
                                             anschließend neun Jahre im eigenen La-          oder Techniken im Geschäft vorgestellt.
                                             den Künstlerbedarf verkauft und hast            Aus diesen Produktpräsentationen ent-
                                             mittlerweile Atelier und Malschule Mal-         wickelten sich schnell Kurse. Parallel
                                             hambra an der Neusser Straße.                   dazu habe ich in den letzten Jahren
                                             Das war damals eine zufällige Be-               doch wieder an Schulen unterrichtet,
                                             gegnung mit der Inhaberin Claudia               unter anderem auch am Blüchergym-
                                             Krähmer, die ja sehr kooperativ ist. Sie        nasium. Es macht einfach Freude, die
                                             fragte mich ziemlich unvermittelt, ob           eigenen Kenntnisse weiterzugeben.
                                             ich in ihrem Laden arbeiten wolle und           Aber mittlerweile strengt mich das
                                             ich habe spontan zugesagt. Die Arbeit           Unterrichten sehr an, weil ich chro-
                                             hat mir wirklich viel Spaß gemacht              nisch krank bin. Ein Zeckenbiss war die
                                             hat. Die Beratung der Kunden, das ge-           Ursache. Deshalb würde ich mich gerne
                                             samte Bestellwesen, die Schaufenster-           peu a peu aus der Malschule zurückzie-
                                             Dekoration. Ich hatte stets Kontakt zur         hen, aber nur, wenn ich gute Dozenten
                                             Kunst und zum Malen. Ich hatte vorher
                                             aufgrund einer Umschulung in der EDV
                                             gearbeitet. Hier in Nippes merkte wie-
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