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20 ... aus der Geschichte von Nippes
Die evangelische Kirchengemeinde Nippes – Teil 1
In diesem Jahr feierte die evangelische Kirchengemeinde ihr 125-jähriges Bestehen. Neben der Kirche entstand gleichzeitig
Aus diesem Anlass hat das Archiv für Stadtteilgeschichte in seinen Beständen re-
cherchiert und zwei Artikel zusammengestellt. ein Pfarrhaus, das 1889 bezogen wurde.
Die neue Lutherkirche wurde am Oster-
dienstag 1889 feierlich eingeweiht. Das
1815 kam Nippes, damals ein kleines Dorf, in ihrer „Technischen Fortbildungsschule“ Gemeindehaus in
zu Preußen. In der gesamten „Bürgermei- als provisorischen Beetsaal zur Verfügung. der Dormagener
Bereits im November 1872 Straße wurde um-
wurde Nippes dann Vikariats- gebaut, und es
gemeinde. Diese umfasste die wurden Gemein-
Bürgermeistereien Longerich deschwestern ein-
und Worringen. Alsbald wurde gestellt. 1894 trat
der Bau einer Kirche ins Auge dem Pfarrer ein
gefasst. Ein Problem war, dass Vikar zur Seite, der
die Besoldung des Pfarrvikars insbesondere für Das Gemeindehaus in
Riehl zuständig der Mittelstraße (heute
und später auch des Pfarrers war. Dort fand im Dormagener Straße)
November 1896 um 1914
von der Gemeinde selbst auf-
gebracht werden musste. Die
junge Nippeser Gemeinde war ein erster evangelischer Gottesdienst
aber nicht besonders wohlha- statt, zunächst in einer Privatwohnung.
bend. Es erwies sich als schwie- 1907 stellte die Nippeser Gemeinde ei-
Der evangelische Beetsaal in Nippes auf einem Stadtplan von rig, die Besoldung einer Pfarrer- nen Gemeindehelfer ein; im Pfarrhaus
1889 (Ausschnitt)
stelle zu stemmen. wurde ein Gemeindebüro eingerichtet.
1910 wurde eine zweite Pfarrerstelle ge-
sterei Longerich“, zu der Nippes gehörte, 1874 wurde im Gemeindehaus ein Bee- schaffen und das Gemeindegebiet auf-
waren noch 1831 nur drei Evangelische ver- tsaal eingerichtet, so dass man nicht geteilt in zwei Pfarrbezirke. 1911 wurde
zeichnet. Der erste evangelische Bürger in mehr auf die Räume der Bahngesell- in Riehl ein eigener Beetsaal eingeweiht.
Nippes ist für 1843 belegt, er „verschwand“ schaft angewiesen war. 1878 trat der
aber bald wieder. Ab 1860 änderte sich dritte Pfarrvikar sein Amt an: Theodor 1914 gab es einen Konflikt: Das Kölner
das: Da wurden die „Zentralwerkstätten Voswinckel. Drei Jahre später konstitu- Stadtverordneten-Kollegium beabsich-
der Rheinischen Eisenbahn- ierte sich die Ge- tigte, das 1908 eröffnete Nippeser Re-
gesellschaft“ gebaut, und es meinde als Pfarr- algymnasium an
kamen immer mehr Evange- gemeinde, und der Blücherstraße
lische nach Nippes. 1871 waren Voswinckel wurde „Görres-Gymna-
es schon 571. Zunächst lebten ihr erster Pfarrer. sium“ zu nennen.
sie verstreut und hatten kaum 1884 wurde an Joseph Görres,
Kontakt miteinander. Da der Sechzigstra- der Begründer
ergriff der Obermaschinen- ße – damals: „Ei- des „Rheinischen
meister Wilhelm Nohl die In- senbahnstraße“-/ Merkur“, war ein
itiative und setzte sich für die Ecke Dormagener streitbarer katho-
Gründung einer evangelischen Theodor Voswinckel, erster evange- Straße eine evan-
Volksschule in Nippes ein. Er lische Pfarrer von Nippes (1878-1915) gelische Kleinkin- lischer Publizist.
Die evangelische
verlor dadurch zwar seinen Gemeinde- derschule eröffnet. Im Gebäude befand Gemeinde be- Lutherkirche um 1930
trachtete diese
ratssitz, setzte sein Projekt aber durch: sich ein Schulsaal, wo auch Vereinsver-
1872 begann der Unterricht in der neuen sammlungen stattfanden. Benennung als Affront und beschwerte
evangelischen Schule in der Gellertstraße. sich nachdrücklich bei den zuständigen
1885 führten die evangelischen Landes- Behörden. Der Protest hatte Erfolg: Das
Noch im selben Jahr wurde in Bonn (!) kirchen eine deutschlandweite Samm- Gymnasium blieb ohne Namen. Am 28.
ein Verein von evangelischen Nippesern lung für neue Kirchenbauten durch. Juli 1914 begann der Erste Weltkrieg.
gegründet, der die Gründung einer evan- Ein Teil dieses Geldes kam auch der Ge-
gelischen Gemeinde zum Ziel hatte. Erster meinde in Nippes zugute. Es wurde ein Winfried Schumacher
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Vorsitzender wurde Wilhelm Nohl. Eine Grundstück zwischen der Siebachstraße
Spendenaktion erbrachte fast 1000 Taler, und Merheimer Straße gekauft und am
und man erwarb zunächst ein Grundstück 31. Oktober 1886 der Grundstein für den Quellen:
- Dank- und Gedenkworte zur Erinnerung an den am
an der „Mittelstraße“ - heute Dormagener Kirchenbau gelegt. Ein Geläut von drei
1. April 1915 erfolgten Abschieds des Herrn Pfarrer
Straße im Sechzigviertel - , wo ein Ge- Glocken war vorgesehen. Die größte Theodor Voswinckel von seiner Nippeser Gemeinde,
Köln 1915
meindehaus errichtet wurde. Die „Rhei- Glocke spendeten die drei Töchter des - Deine Gemeinde und Du. Eine Jubiläumsschrift der
evgl. Kirchengemeinde Köln-Nippes zum 50. Jahre
nische Eisenbahngesellschaft“ spendete Fabrikanten Franz Clouth; die zweit- ihres Bestehens, Köln 1931
weitere 100 Taler und stellte einen Raum größte Glocke bezahlte Wilhelm Nohl.