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6 Gesundheit

Keine Fünf-Minuten-Medizin

Zwei Nippeser Kinderärzte im Gespräch

Was bedeutet Gesundheit für Kinder und Jugendliche in unserer Zeit? Auf diese             unserer Nippeser Praxiszeit kommen nun
und andere Fragen antworteten uns Kinderärzte Dr. Ulrike und Dr. Martin Wei-              schon mit ihren eigenen Kindern und das
land, die seit 13 Jahren ihre Praxis in Nippes haben.                                     macht uns sehr zufrieden und ein wenig
                                                                                          stolz. Natürlich baut man eine solche Bin-
Für Nippes: Was hat sich in den letzten      gung und Sport wegfallen. Die Fehler-        dung nicht mit getakteter Fünf-Minuten-
100 Jahren in der Kindergesundheit ge-       nährung durch Fastfood und im Fern-          Medizin auf. Im Gegenteil - ein offenes
ändert?                                      sehen beworbene Produkte nimmt zu.           Ohr ist Grundvoraussetzung für ein gutes
                                             Dies erklärt, warum so viele Kinder mit      Patientenverhältnis. Uns ist es wichtig,
Martin Weiland: Anfang des 20. Jahr-         Übergewicht, Verhaltensauffälligkeiten       Sorgen und Fragen in einem Gespräch
hunderts gab es noch eine sehr viel hö-      und Schulschwierigkeiten zu uns kom-         klären zu können. Das erfordert natür-
here Kinder- und Säuglingssterblichkeit      men. Dazu kommt eine zunehmende              lich einen hohen zeitlichen Einsatz. So
als heute. Die Medizin hat in dieser Zeit    Vereinsamung der Kinder, denn Medi-          vergeben wir die ersten Termine bereits
sehr viele große Fortschritte gemacht.       enkonsum isoliert.                           ab 7.00 Uhr morgens. Die Schreibtischar-
                                                                                          beit ist selten um 21 Uhr abgeschlossen.
                                             Was empfehlen Sie den Eltern?                Dennoch lässt sich nicht alles planen. Un-
                                                                                          vorhergesehene Nöte und echte Notfälle
                                                          Ulrike Weiland: Medienzeit      können durchaus auch einmal zu War-
                                                          beschränken! Bis zur Schule     tezeiten führen. Wir bemühen uns aber,
                                                          sollten 30 Minuten am Tag       diese so gering wie möglich zu halten.
                                                          nicht überschritten werden.
Ulrike Weiland: Zum Beispiel durch den                    Wir empfehlen den Eltern        Was hat sich in Ihrem Praxisalltag in den
Einsatz gut verträglicher Impfungen.                      immer wieder, die Kinder im     letzten Jahren geändert?
Hierdurch sowie durch die allgemein                       Alltag einzubinden und ihnen
besseren Lebensbedingungen treten                         kleine Aufgaben – wie Tisch-    Ulrike Weiland: Nahezu jede Gesund-
viele Krankheiten gar nicht mehr auf.                     decken, Gemüseschneiden,        heitsreform hat auch zu einem Mehr an
                                                          Putzen und Einkaufen – zu       Bürokratie geführt. Das Ausmaß der Vor-
Welche Gesundheitsprobleme gibt es                        übertragen. Richtig motiviert,  schriften und Regelungen nimmt immer
heute?                                                    sind nahezu alle Kinder mit     weiter zu - ohne dass hieraus irgendein
                                                          Spaß dabei. So erwerben die     medizinischer Nutzen resultiert.
Martin Weiland: Die Probleme, mit de-                     Kinder Selbstvertrauen; Grob-
nen uns die Kinder vorgestellt werden,       und Feinmotorik werden ebenso mit            Martin Weiland: Arbeitstage mit 12-14
sind häufig Folge der Wohlstandsgesell-      diesen ganz einfachen Mitteln geschult.
schaft. Nicht selten verbringen Kinder                                                    Stunden sind daher für mich keine Sel-
mehrere Stunden am Tag vor Fernseher         Martin Weiland: Wichtig sind auch zu-
und PC.                                      sätzliche Freizeitangebote wie Schwim-       tenheit.	             mx
                                             men, Sportverein oder Musik, für die Nip-
Was hat das zur Folge?                       pes ein gutes Angebot bietet.                „Nippes ist gut für meine Gesundheit, ...“

Ulrike Weiland: Eltern können den Me-        Welche Empfehlung geben Sie den Eltern       ... weil alle Ärzte,
dienkonsum oft nicht kontrollieren, da       noch?                                        die ich benötige, in
häufig beide ganztags berufstätig sind.                                                   unmittelbarer Um-
Damit fehlt in der Familie die so wich-      Ulrike Weiland: Wir raten allen Eltern,      gebung sind.“
tige Zeit für alltägliche Dinge wie Spiele,  die neu eingeführten Vorsorgeuntersu-        Jessica Koep (27)
gemeinsame Mahlzeiten und einfühl-           chungen U 10 und U 11 durchführen zu
same Gespräche. Dieser Lebensstil führt      lassen. Sie schließen die Lücke zwischen
schließlich dazu, dass natürliche Bewe-      der Einschulung und dem 13. Lebensjahr.
                                             Denn gerade in dieser Zeit schlagen auch
                                             die erwähnten Folgen von überhöhtem
                                             Medienkonsum zu Buche.

                                             Bis zu welchem Alter kommen Jugendli-
                                             che eigentlich zu Ihnen.

                                             Martin Weiland: Bis zur Volljährigkeit.
                                             Für unsere jugendlichen Patienten sind
                                             wir Vertrauenspersonen. Die ersten aus
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