Page 32 - fuer-Nippes_2011-3
P. 32
32 Leben
Vier Regalbretter voller Normannen
Joseph Terhaag und die Elastolin-Figuren – Ein eigener Raum für seine Schätze
Der Versicherungsmakler sammelt seit 1995 die kleinen Massefiguren, mit denen zu erklären. „Aber
er als Kind Cowboy und Indianer gespielt hat. die Bemalung der
Figuren ist das
re Jungs in den Größte. Die sind
1950er und –60er von Hand bemalt
Jahren ausgiebig und kein Gesicht
ihre Fantasien vom ist gleich.“ Terhaag
Wilden Westen nimmt sein Figuren-Journal in die Hand,
und dem Kampf ein Buch, das zahlreiche Modelle mit
der Rothäute ge- Foto abbildet. „Es gibt Vorkriegsfiguren
gen die Weißen und Nachkriegsfiguren, die sich in der
nachspielen konn- Bemalung unterscheiden“, erklärt der
ten. „1960 habe Sammler. Und sogar für den Laien sind
ich mir dann die er- die feinen Unterschiede im Gesichtsaus-
sten Normannen, druck und im Dekor der Bekleidung der
die raus kamen, nur sieben Zentimeter großen Figuren
selbst gekauft“, gut zu erkennen.
erinnert sich Ter-
Seine ersten Figuren bekam der kleine haag. Sie kosteten Insbesondere Soldaten im Maßstab 1: 45
Joseph zu Weihnachten 1957 oder 1958 zwischen 85 Pfen- oder 1:25 stellte die Firma Hausser her und
von seinen Eltern geschenkt. So genau nig und 1,35 Mark. Die Leidenschaft für mit ihnen konnten die Kinder auf eine
weiß Joseph Terhaag das heute nicht die Cowboys rückte in den Hintergrund, Zeitreise gehen vom antiken römischen
mehr. „Das Fort mit den Indianern und aber der Kauf eines normannischen An- Reich über die Epoche der Gallier und Nor-
Cowboys war hinter dem Ohrenses- griffturmes blieb ein unerfüllter Traum. mannen bis zu den Rittern im Mittelalter
sel versteckt und ich dachte zuerst, ich und den Soldaten der beiden Weltkriege
Die Firma O. & M. Hausser produzierte im 20. Jahrhundert.
von 1904 bis zur Insolvenz 1983 zuerst in Die Firma hielt so-
Ludwigsburg, ab 1936 dann in Neustadt gar exklusive Rech-
bei Coburg Spielfiguren, die aus einer te an sämtlichen
breiigen Masse hergestellt wurden, die Figuren aus den
aus Sägemehl, Porzellanerde und einem Büchern von Karl
speziellen Leim bestand. Der Begriff May.
„Massefiguren“ ging von Hausser auch
auf andere Hersteller wie Lineol und Ley- Mittlerweile konnte sich Joseph Ter-
la über. haag seinen Traum erfüllen und besitzt
nicht einen Angriffsturm, sondern fünf.
kriege gar nichts.“ Aber dann standen sie Irgendwann wurden die Figuren und das „Schließlich kann man keine Burg mit
da, die so sehnlichst gewünschten Ela- reichhaltige Zubehör, mit dem ganze nur einem Turm erobern.“ Und echte
stolin-Figuren, die zwar nicht beweglich Wild-West-Szenarien und Normannen- Schlachten veranstaltet Terhaag mit
kriege nachgebaut werden konnten, für seinen Wild West-Figuren, die auf Pfer-
waren, sondern auf einfachen Sockeln Joseph Terhaag dann doch uninteressant den sitzen oder stehend und knieend ein
standen, mit denen aber insbesonde- und verschwanden im Keller. Dort stieß Gewehr im Anschlag halten, nicht mehr.
der heute 61-Jährige, der als selbstän- Er schaut sich seine Sammlung lieber
diger Versicherungsmakler arbeitet, Mit- an, für die er eigens einen ungenutzten
te der 1990er Jahre zufällig auf die Kiste Raum hinter der Treppe herrichtete und
mit den alten Schätzen, von denen eini- erfreut sich an Neuerwerbungen, wie
ge mittlerweile kaputt gegangen waren. einer vierspännigen Überfallpostkutsche
Aber 20 Indianer- und Cowboy-Figuren in Erstbemalung mit Pferden und eine
samt Fort und Lagerfeuer hatten die seltene Indianerlandschaft als Diorama
Jahre im Verborgenen gut überstanden dazu.
und bildeten den Grundstock für eine
Sammlung, die mittlerweile auf mehr als In Deutschland gibt es rund 5000 Samm-
1000 Stücke angewachsen ist. „Die bun-
ten Figuren sind dekorativ und es gibt ler von Elastolin-Figuren. Ein weiterer
so viele unterschiedliche Modelle“, ver-
sucht Terhaag seine Sammelleidenschaft lebt auch in Nippes. Es ist der Künstler
Rolf Jahn. mac
www.elastolin.org

