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22 Serie Veedel im Veedel
Dienstleistung statt Einzelhandel Sparkassenfiliale nach 50
Jahren dicht
Das Sechzigveedel ist stiller geworden
Seit Ende Januar ist die Filiale der
Else Immendorf kennt sie noch alle. „An der Ecke befand sich die Metzgerei Lam- Sparkasse KölnBonn an der Siebach-
berti, wir hatten unter anderem ein Eiscafé, das schöne Schuhgeschäft Amboss, straße geschlossen. Mehr als 50 Jah-
Drogerie Krick, Farben Schmitz, ein Fischgeschäft und eines für Butter, Eier und ren – seit 1. Dezember 1958 – konnten
Käse, Spielwaren Appelmann, Bäckerei Schütz und eine Buchhandlung, die die Al- sich die Bewohner des Sechzigveedels
leinvertretung für Bertelsmann in Köln war.“ hier mit Bargeld versorgen, wurden
beraten und konnten ihre Wertsachen
Die 77-jährige Seniorchefin der Metz- Jahren, wenn im Tresor im Keller sicher verwahren.
gerei Immendorf hat das Bild der Sech- Radio Meyer die Jetzt ist nur ein Geldautomat übrig
zigstraße noch vor ihrem inneren Auge, Festmeile mit geblieben.„Die Filiale war zu klein
wie es sich vor 50 Jahren präsentierte. großen Lautspre- und wir konnten nicht mehr alle un-
Damals eröffneten sie und ihr Mann chern beschallte, sere Leistungen anbieten“, sagt Ulrike
Josef ihr Geschäft in der Merheimer der Linienbus Kohl. „Deshalb haben wir die kleinere
Straße, seit 40 Jahren werden Fleisch- Umwege fahren Zweigstelle mit unserer Niederlas-
und Wurstwaren aus eigener Herstel- musste und Fritz sung an der Neusser Straße zusam-
lung in der Sechzigstraße 17 verkauft. Gräve vor seiner mengelegt.“ So elegant formuliert
Seitdem sei die Entwicklung nicht mehr Zoohandlung eine die Pressesprecherin der zweitgröß-
gut verlaufen, meint die rüstige Ge- Cocktailbar auf- ten Sparkasse Deutschlands eine Ver-
schäftsfrau, die noch jeden Tag – außer baute – mit Sand schlechterung beim Service für ihre
dienstags – hinter der Theke steht. „Im und Sonnenschir- Kunden. Doch mit den Schließungen –
Sechzigveedel gab es elf Metzgereien. men. Doch ein Ge- in diesem und im nächsten Jahr sollen
Davon sind wir übrig geblieben.“ schäft nach dem insgesamt zehn Filialen in Köln dicht
anderen machte machen, die Siebachstraße machte
dicht – manchmal den Anfang – lassen sich auch Kosten
fand sich kein Nachfolger, manchmal sparen. Im Stadtbezirk Nippes wird
wurde schlecht gewirtschaftet. „Wenn noch die Filiale in der Grethenstraße
die alte Substanz verschwindet, dann ori- in Alt-Longerich geschlossen. mac
entieren sich die Leute um und sind als
Kunden auch für die noch bestehenden Straße brachte. Der Rewe-Supermarkt
Geschäfte verloren“, weiß Franz Josef Im- in der Nohlstraße liegt zu abseitig.
mendorf, der vor sieben Jahren die Metz-
gerei seiner Eltern übernommen hat. In die leer stehenden Ladenlokale sind
Dabei ist das Sechzigveedel ein ge- in den vergangenen Jahren vermehrt
wachsenes Viertel im Viertel und blickt
auf eine 150-jährige Geschichte zurück. Dienstleister wie Rechtsanwälte, eine
1860 wurde in diesem Teil von Nippes –
das erst seit 1888 zur Stadt Köln gehört Heilpraktikerin, ein Möbelschreiner
– das Eisenbahnausbesserungswerk ge-
baut, in dem zeitweilig mehr als 3.000 oder ein Friseursalon eingezogen. „Wir
Menschen arbeiteten. Für seine Mitar-
beiter kaufte die Rheinische Eisenbahn- sind schon ein bisschen bekloppt, dass
gesellschaft 60 Morgen Land und baute
darauf Werkswohnungen. Damit war wir immer noch hier sind“, sagt Franz
das Sechzigviertel geboren.
Josef Immendorf lachend. „Aber wir
sind eben heimatverbunden und halten
am alten Laden fest. Aber reichen wür-
de das nicht.“ Immendorf ist schon seit
fünf Jahren mit einem Verkaufswagen
auf dem Markt auf dem Wilhelmplatz
vertreten. mac
Sie war einmal ein blühende Geschäfts- Vom ehemaligen Eisenbahnausbesse- „Ich bin neu im Bürgerverein, weil ...
straße, die Sechzigstraße, die ihre Be- rungswerk ist – bis auf den alten Kan-
wohner mit den Dingen des täglichen tinenbau – nichts mehr übrig geblie- ... es sich lohnt, für
Lebens versorgte – vom Pfund Butter bis ben. Dort sind in den letzten Jahren fast Nippes etwas zu
zur Waschmaschine. Legendär waren 1000 neue Wohnungen entstanden. bewegen.“
zudem die Straßenfeste in den 1980er Die vielen neuen Nippeser Bürger sind Monika Jordan (39)
ein Potenzial, von dem auch die Sechzig-
straße profitieren könnte. Doch es fehlt
ein großes Lebensmittelgeschäft, das
früher in den Räumen des „Radlagers“
existierte und Laufkundschaft in die
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