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24 ... aus der Geschichte von Nippes
Wohnungsbau vor 150 Jahren – Teil 2
Im 19. Jahrhundert bemühten sich vielerorts Wohnungsbaugenossenschaften und Komplexe im Jahr 1903 waren 38 Zweifa-
Bauvereine um die Linderung der Wohnungsnot. In Nippes war dies die „Köln-Nip- milienhäuser an der Eisenachstraße und
peser Bau- und Spargenossenschaft e.G.m.b.H.“ von 1895, die erste gemeinnützige weitere neun am Wartburgplatz im Jah-
Wohnungsbaugenossenschaft in Köln. Sie wurde wegweisend für die ganze Stadt. re 1905. 1910 hatte die Genossenschaft
schon 120 Zweifamilienhäuser mit 240
Die Initiatoren waren Angehörige der mehr als 3.000 Mark Eigenkapital hatte, Wohnungen gebaut. Die niedrig gehal-
Mittelschicht: Intellektuelle, Kaufleute, durfte ein Genossenschaftshaus schon tenen Kosten und die Möglichkeit, die
Pfarrer und Unternehmer, die einerseits nicht mehr erwerben. Zweitwohnung zu vermieten, machten
die ökonomische Realisierbarkeit einer 3. Die Genossenschaftsbauten sollten äs- die Genossenschaftswohnungen attrak-
solchen Genossenschaft einschätzen thetisch und medizinisch vorbildlich sein. tiv. Nur in 14 Fällen mussten in den ersten
konnten, die andererseits auch das En- zehn Jahren Kaufanwärter ihr
gagement mitbrachten, die Lebensum- Haus aufgeben. Das Finanzie-
stände der Arbeiter verbessern zu wollen. rungsmodell erwies sich als
tragfähig.
Einer der Gründer der Nippeser Genos-
senschaft war der Präses, der geistliche Bautätigkeit nach dem Zwei-
Vorstand, des „Christlichen Arbeiterver- ten Weltkrieg
eins“ Kaplan Heinrich Enshoff, später
Pfarrer von St. Paul, der 1894 auf der Köl- Nach dem Zweiten Weltkrieg
ner Katholikenversammlung die Arbei- entstand mit dem wirtschaft-
terwohnungsfrage in den Mittelpunkt lichen Aufschwung wieder
des Interesses gerückt hatte. Er suchte Bedarf an Wohnungen für Ar-
sich die Bündnisgenossen für das Projekt Häuser der ehemaligen gemeinnützigen Wohnungsbaugenos- beitnehmer. Die Firma Clouth
in seinem Einflusskreis: Apotheker Mi- senschaft an der Niehler Straße legte im Jahre 1950 auf einem
chael Frank (Flora-Apotheke), Pfarrer von Teil ihres Werksgeländes
St. Marien Fried- Ende Juli 1896 begann der Bau der er- eine Siedlung für Werksangehörige an.
rich Adolf Krüth, sten zwölf Häuser an der Niehler Straße, Sie liegt etwas versteckt zwischen der
Bauunternehmer Höhe Friedrich-Karl-Straße. Die ersten Niehler Straße, der Florastraße und dem
Johann Fischer, Kaufanwärter waren sechs Tagelöh-
Verlagsbuchhänd- ner, je ein Dreher, Lohnschreiber, Mül-
ler Fridolin Bachem lerknecht, Schlosser, Schriftsetzer und
und Rechtsanwalt Zeichner. Das Genossenschaftskapital
und späteren No- betrug 30.000 Mark, aufgebracht von 74
tar Carl Esser aus Mitgliedern. Am 1. Mai 1897 zogen dann
Bensberg. Den die neuen Bewohner in ihre Häuser. Bald
Aufsichtsrat bil- entstanden in anderen Stadtteilen ähn-
Friedrich Adolf Krüth deten 1895 unter liche Bauvereine. Allerdings lagen die
anderem Fridolin Bachem, Friedrich Adolf Häuser an der Niehler Straße ziemlich
Krüth, Dr. Christian Cremer (Arzt) und abseits, bis die Straßenbahn das Gelände
Wilhelm Kretzer (Fabrikant). Zum Vor- 1907 in den allgemeinen Verkehr einbe-
stand gehörten Michael Frank, Paul Bol- zog. Die nächsten Baugebiete lagen nä- Häuser der ehemaligen Post-Baugesellschaft an der
der (Rentner), Hermann Pitz (Kaufmann), her am Eisenbahn-Ausbesserungswerk, Niehler Straße
Ernst Schullin (Werksführer) und Kaplan dem wichtigsten Arbeitgeber im neuen
Heinrich Enshoff als Präses. Stadtteil. Im Jahr 1898 entstanden an der ehemaligen Clouth-Gelände; zugänglich
ist sie von Südosten her über die Franz-
Folgende Grundsätze für die gemeinnüt- Clouth-Straße. Die Siedlung besteht aus
zige Wohnungsbaugenossenschaft wur- neun Häusern mit gleichem Grundriss
den formuliert: und gleicher Bauart. Heute sind die Häu-
1. Die Genossenschaft sollte eine Eigen- ser in Privatbesitz. Außerdem wurden
haus-Genossenschaft sein. Die Arbeiter- in den 1950er Jahren durch die Gemein-
familie sollte ein Eigenheim als Zweifa- nützige Post-Baugesellschaft und die
milienhaus bauen. Die Mieteinnahme für Wohnungsbaugesellschaft Köln mbH
die zweite Wohnung durfte nicht höher viele Mehrfamilienhäuser im Süden von
als 50 Prozent der Gesamtbelastung sein. Nippes gebaut, und zwar an folgenden
Verboten war die Vermietung an Kost- Nievenheimer Straße Straßen: Niehler Straße, Auerstraße,
und Schlafgänger. Nievenheimer Straße (zwischen Geldern- Schneider-Clauss-Straße und Eichstraße.
2. Die Genossenschaft sollte minderbe- straße und Escher Straße) 20 Zweifamili-
mittelten Kaufanwärtern helfen. Wer enhäuser, 29 weitere 1899. Die nächsten Kathi Bücken www.archiv-koeln-nippes.de

