Page 28 - fuer-nippes_2009-2
P. 28
28 Handel
Erfüllte (Integrations-) Träume
Unternehmensgründungen in Nippes
300.000 Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte leben in Köln, mitten un- funden. „Diese Apotheke hat mich direkt
ter uns. Wir porträtieren drei von ihnen, die sich gerade in Nippes selbständig ge- angesprochen, weil sie klein ist und viele
macht haben. Stammkunden hat.“ Über den Geschäfts-
räumen gibt es im ersten Stockwerk ei-
eine Menge Papierkram er- nen holzgetäfelten Teeraum mit großen
spart. „Aber auch sonst“, sie Blechdosen, braunen Glasflaschen und
zuckt mit den Schultern, „bin Apothekerwaagen. „Die Tradition, die in
ich als Ausländerin nie gehin- diesem Haus steckt, hat mich begeistert
dert worden, mein Leben zu und die will ich bewahren.“
leben.“
Kosmetikerin Nastaran Azadi Ebenfalls aus dem Iran Friseurmeister Salvatore Brancato
stammt Nazanin Sharifi, die
Nastaran Azadi spart nicht mit Kompli- im Juli die alt eingesessene Mit einer speziellen Firmenphilosophie
menten. „Die Menschen hier in Nippes Phoenix-Apotheke an der ist Salvatore Brancato Ende August an
sind extrem aufgeschlossen und nett. Niehler Straße übernom- der Start gegangen. „Ich will ein wenig
Hier wollte ich unbedingt meinen Laden men hat. „Es ist nicht einfach, Luxus für jedermann anbieten“, sagt
eröffnen.“ Seit Ende August betreibt die sich als Mensch mit einer der Friseurmeister. „Homage to hair and
gebürtige Iranerin ihren Kosmetiksalon Zuwanderungsgeschichte beauty“ hat er deshalb seinen Friseur-
„Beauty-Boom“ in der Baudristraße. „Als in Deutschland beruflich zu salon auf der Wilhelmstraße genannt.
ich das Ladenlokal sah, habe ich mich behaupten“, hat die 32-Jährige festge- Und als Hommage, als Huldigung, an
direkt darin verliebt.“ Die 35-Jährige lebt stellt. „Man muss doppelt so hart arbei- seine KundInnen, versteht er sein Ge-
seit sieben Jahren in Köln, genau wie ten, um voran zu kommen.“ schäft. „Bei mir sollen die Kunden eine
ihre vier Geschwister und ihre Mutter. hochwertige Behandlung und gute Be-
Die Familie flüchtete 1987 aus Teheran. Seit zwanzig Jahren lebt Sharifi mit ih- dienung wieder schätzen lernen.“
Damals tobte bereits seit sieben Jahren rer Familie in Köln. Zusammen mit ih-
der erste Golfkrieg zwischen dem Iran ren Eltern und zwei Brüdern flüchtete Sein Vater Francesco Brancato kam vor
und dem Irak. sie aus politischen Gründen aus dem 45 Jahren der Arbeit wegen aus Sizilien
Iran. In Zollstock ging sie zur Schule nach Deutschland. „Mein Papa hat mit
und studierte anschließend in Bonn zehn Mark in der Tasche angefangen.“
Pharmazie. „Ich hatte schon immer Seit 18 Jahren ist er Chef einer eigenen
vor, mich selbständig zu machen“, sagt Bauunternehmung. Alle Brancatos –
Sharifi. „Wenn man ein Ziel hat, dann Salvatore hat noch zwei Geschwister
kann man es auch schaffen. Man muss – leben unter einem Dach. „Familie wird
durch Leistung überzeugen.“ bei uns groß geschrieben“, sagt der 26-
jährige, der in der Südstadt geboren
Aufgewachsen und zur wurde, in Nippes zur Schule ging und
Schule gegangen ist sie im nach seiner Ausbildung unter anderem
Saarland, hat dort auch ihre in Barcelona, Chicago und New York als
Ausbildung zur Kosmeti- Stylist arbeitete.
kerin absolviert. „Körper-
pflege ist einfach meine Nippes hat sich Brancato für seinen
Leidenschaft“, sagt Azadi, ersten Schritt in die Selbständigkeit be-
die anschließend in Frank- wusst ausgesucht. „Hier gibt es arme
furt gearbeitet hat. „Meine und auch wohlhabende Bürger glei-
Schwester lebte schon hier chermaßen und hier leben Menschen
in Köln und schließlich ist vieler Kulturen friedlich zusammen.“
die gesamte Familie nach-
gekommen. Vielleicht“, sagt
Azadi nachdenklich, „fiel es Apothekerin Nazanin Sharifi
uns aufgrund unserer Flucht leichter, Der deutsche Pass sei dabei nur ein
öfters mal den Lebensmittelpunkt zu Stück Papier gewesen, das ihre beruf-
wechseln.“ Seit 2000 hat die Mutter ei- liche Laufbahn erleichtert habe. „Als
ner dreijährigen Tochter die deutsche Nicht-Deutsche darf man nur sehr ein-
Staatsbürgerschaft. Dieser Pass habe ihr geschränkt in der Pharmazie arbeiten.“
bei der Anmeldung ihres Unternehmens Jetzt hat sie ihre Traum-Apotheke ge-
Das Stadtteilmagazin

