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28 Handel

Erfüllte (Integrations-) Träume

Unternehmensgründungen in Nippes

300.000 Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte leben in Köln, mitten un-                         funden. „Diese Apotheke hat mich direkt
ter uns. Wir porträtieren drei von ihnen, die sich gerade in Nippes selbständig ge-                 angesprochen, weil sie klein ist und viele
macht haben.                                                                                        Stammkunden hat.“ Über den Geschäfts-
                                                                                                    räumen gibt es im ersten Stockwerk ei-
                                                                    eine Menge Papierkram er-       nen holzgetäfelten Teeraum mit großen
                                                                    spart. „Aber auch sonst“, sie   Blechdosen, braunen Glasflaschen und
                                                                    zuckt mit den Schultern, „bin   Apothekerwaagen. „Die Tradition, die in
                                                                    ich als Ausländerin nie gehin-  diesem Haus steckt, hat mich begeistert
                                                                    dert worden, mein Leben zu      und die will ich bewahren.“
                                                                    leben.“

Kosmetikerin Nastaran Azadi                               Ebenfalls aus dem Iran                    Friseurmeister Salvatore Brancato
                                                          stammt Nazanin Sharifi, die
Nastaran Azadi spart nicht mit Kompli-                    im Juli die alt eingesessene              Mit einer speziellen Firmenphilosophie
menten. „Die Menschen hier in Nippes                      Phoenix-Apotheke an der                   ist Salvatore Brancato Ende August an
sind extrem aufgeschlossen und nett.                      Niehler Straße übernom-                   der Start gegangen. „Ich will ein wenig
Hier wollte ich unbedingt meinen Laden                    men hat. „Es ist nicht einfach,           Luxus für jedermann anbieten“, sagt
eröffnen.“ Seit Ende August betreibt die                  sich als Mensch mit einer                 der Friseurmeister. „Homage to hair and
gebürtige Iranerin ihren Kosmetiksalon                    Zuwanderungsgeschichte                    beauty“ hat er deshalb seinen Friseur-
„Beauty-Boom“ in der Baudristraße. „Als                   in Deutschland beruflich zu               salon auf der Wilhelmstraße genannt.
ich das Ladenlokal sah, habe ich mich        behaupten“, hat die 32-Jährige festge-                 Und als Hommage, als Huldigung, an
direkt darin verliebt.“ Die 35-Jährige lebt  stellt. „Man muss doppelt so hart arbei-               seine KundInnen, versteht er sein Ge-
seit sieben Jahren in Köln, genau wie        ten, um voran zu kommen.“                              schäft. „Bei mir sollen die Kunden eine
ihre vier Geschwister und ihre Mutter.                                                              hochwertige Behandlung und gute Be-
Die Familie flüchtete 1987 aus Teheran.      Seit zwanzig Jahren lebt Sharifi mit ih-               dienung wieder schätzen lernen.“
Damals tobte bereits seit sieben Jahren      rer Familie in Köln. Zusammen mit ih-
der erste Golfkrieg zwischen dem Iran        ren Eltern und zwei Brüdern flüchtete                  Sein Vater Francesco Brancato kam vor
und dem Irak.                                sie aus politischen Gründen aus dem                    45 Jahren der Arbeit wegen aus Sizilien
                                             Iran. In Zollstock ging sie zur Schule                 nach Deutschland. „Mein Papa hat mit
                                             und studierte anschließend in Bonn                     zehn Mark in der Tasche angefangen.“
                                             Pharmazie. „Ich hatte schon immer                      Seit 18 Jahren ist er Chef einer eigenen
                                             vor, mich selbständig zu machen“, sagt                 Bauunternehmung. Alle Brancatos –
                                             Sharifi. „Wenn man ein Ziel hat, dann                  Salvatore hat noch zwei Geschwister
                                             kann man es auch schaffen. Man muss                    – leben unter einem Dach. „Familie wird
                                             durch Leistung überzeugen.“                            bei uns groß geschrieben“, sagt der 26-
                                                                                                    jährige, der in der Südstadt geboren
Aufgewachsen und zur                                                                                wurde, in Nippes zur Schule ging und
Schule gegangen ist sie im                                                                          nach seiner Ausbildung unter anderem
Saarland, hat dort auch ihre                                                                        in Barcelona, Chicago und New York als
Ausbildung zur Kosmeti-                                                                             Stylist arbeitete.
kerin absolviert. „Körper-
pflege ist einfach meine                                                                            Nippes hat sich Brancato für seinen
Leidenschaft“, sagt Azadi,                                                                          ersten Schritt in die Selbständigkeit be-
die anschließend in Frank-                                                                          wusst ausgesucht. „Hier gibt es arme
furt gearbeitet hat. „Meine                                                                         und auch wohlhabende Bürger glei-
Schwester lebte schon hier                                                                          chermaßen und hier leben Menschen
in Köln und schließlich ist                                                                         vieler Kulturen friedlich zusammen.“
die gesamte Familie nach-
gekommen. Vielleicht“, sagt
Azadi nachdenklich, „fiel es Apothekerin Nazanin Sharifi
uns aufgrund unserer Flucht leichter, Der deutsche Pass sei dabei nur ein
öfters mal den Lebensmittelpunkt zu Stück Papier gewesen, das ihre beruf-
wechseln.“ Seit 2000 hat die Mutter ei- liche Laufbahn erleichtert habe. „Als
ner dreijährigen Tochter die deutsche Nicht-Deutsche darf man nur sehr ein-
Staatsbürgerschaft. Dieser Pass habe ihr geschränkt in der Pharmazie arbeiten.“
bei der Anmeldung ihres Unternehmens Jetzt hat sie ihre Traum-Apotheke ge-

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